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Klaus Hillenbrand über Proteste gegen Camps auf griechischen InselnDer europäischen Idee unwürdig

So, wie es deutsche, österreichische oder italienische Rassisten gibt, so finden sich auch unter griechischen Staatsbürgern Menschen, die Migranten grundsätzlich ablehnen und das entsprechend kundtun. Dennoch wäre es zu einfach, die Proteste auf Lesbos und anderen griechischen Inseln allein auf Ressentiments gegen Fremde zurückzuführen. Tatsächlich sind die völlig überfüllten Lager dort zu einer Belastung auch für die ansässige Bevölkerung geworden. Nicht nur die Migranten, auch die Griechen leiden dort unter übermäßigem Müll und eklatanten Versorgungsproblemen. Der Tourismus als Haupteinnahmequelle droht zu kollabieren.

Diese Schwierigkeiten haben nicht die Migranten verursacht, sondern die Regierung in Athen. Für sie ist es bequem, die Migranten möglichst entfernt vom Festland zu kasernieren. Dort stören sie weniger, und dort bleiben die Proteste weit weg. Die schon seit Jahren unhaltbaren Zustände auf den Ägäis­inseln dienen zugleich als Abschreckungsmaßnahme. Jede anständige Unterbringung und ordentliche Versorgung birgt in dieser zynischen Logik die Gefahr, dass sich noch mehr Flüchtlinge auf den Weg über das Mittelmeer machen.

Griechenland kann die Flüchtlingsproblematik der EU nicht alleine lösen. Forderungen nach einer vernünftigen Verteilung der Migranten in die EU-Staaten sind wohlfeil, solange alle wissen, dass die europäischen Staaten genau dazu nicht willens sind. Anstatt Sonntagsreden zu halten, muss es darum gehen, möglichst schnell die humanitäre Lage zu verbessern. Und das heißt, Griechenland an seine Pflicht zu erinnern, den Migranten nach ihrer Ankunft in Europa menschenwürdige Verhältnisse zu bieten. Die vorgesehene Errichtung geschlossener Flüchtlingslager auf den Inseln, deren baldige Überfüllung schon jetzt absehbar ist, ist da gewiss der falsche Ansatz.

Die Migranten auf Lesbos benötigen von uns mehr als nur Zelte und Decken. Sie brauchen dringend Druck auf die Regierung in Athen, ihre Politik gegenüber den Ärmsten der Armen grundlegend zu ändern.

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