Vollpension, Mord inklusive

Der Schriftsteller Daniel Kehlmann hat einen Fernsehkrimi geschrieben, der das Genre dekonstruiert

Von Jens Müller

Der Schnurrbart stellt gleich klar, dass es sich hier nicht etwa um einen Wiedergänger von Sherlock Holmes handelt. Nein, es kann nur Hercule Poirot, die andere große Dektektivgestalt der vorletzten Jahrhundertwende, sein, der hier Pate stand: „Gestatten, Kommissar Jonas Horak, Kriminalpolizei Wien.“

Was für ein Glück, dass er vor Ort ist, noch dazu in Begleitung seiner ständigen Hilfskraft Freitag, dieser immer mit Notizblock, immer im Anzug, immer gebügelt. In einem eingeschneiten, von der Außenwelt vorübergehend abgeschnittenen Skihotel ereignet sich ein ­Todesfall.

Und in dem Hotel sind die Vorräte aus. Zum Abendessen gibt es nur eine Tasse klare Suppe, ohne Einlage. Aber: „Das sind die Geschäftsbedingungen. Frühstück und zwei warme Mahlzeiten – ist Vollpension. Guten Appetit!“ Die Chefin sieht bei alldem kein Problem: „Die Sauna ist jedenfalls noch in Betrieb. Solange man saunieren kann, ist das kein Notfall.“ Die Stimmung unter den Menschen im Hotel (unter anderen: Sunnyi Melles, Marc Hosemann, Max Moor) ist angespannt. Und natürlich entpuppt sich der Todesfall bald auch als Mordfall. Selbstredend bleibt der Mordfall nicht lange im Singular.

Der Schriftsteller Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“) gibt hier gleich ein doppeltes Autoren-Debüt: als Kriminaler und Urheber eines Originaldrehbuchs für einen Film. Er hat sich dafür zwei versierte Partner ausgesucht: den Produzenten David Schalko, jenen österreichischen Tausendsassa, der auch die Serien „Braunschlag“ und „Altes Geld“ verantwortet, die in Sachen bizarrer Komik Maßstäbe gesetzt haben. Und als Regisseur und Hauptdarsteller (Kommissar Jonas Horak) fungiert Karl Markovics, der einst Bekanntheit erlangte in der Rolle des Assistenten des Herrchens von „Kommissar Rex“.

Mit „Das letzte Problem“ haben die drei ein das Krimigenre gleichzeitig huldvoll zelebrierendes und lustvoll dekonstruierendes Genre­stück geschaffen, das dem Genre in der Dekonstruktion gerechter wird als alle übrigen Ausgeburten der Krimischwemme im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Da ist es nur konsequent, wenn sie mit der Pointe am Ende eine Fortsetzung unmöglich machen. Wenn es am schönsten ist, soll man gehen. Vorausgesetzt natürlich, man ist nicht eingeschneit.

„Das letzte Problem“, 20.15 Uhr, Arte