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wie machen sie das?Die Queer­Beraterin

Julika Prantner-Weber ist Sozialarbeiterin und Koordinatorin vom Schulprojekt des RosaLinde e. V. in Leipzig für queere Bildung, Beratung und Begegnung.



taz: Frau Prantner-Weber, Sie gehen an Schulen und sprechen dort über sexuelle Orientierungen, Geschlechtsidentitäten und Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen, queeren und asexuellen Menschen. Wie machen Sie das? 



Mit interaktiven Methoden versuchen wir Stereotype abzubauen, Empathie zu erzeugen und dadurch einen Perspektivwechsel anzuregen. Statistisch gesehen gibt es in jeder Klasse queere Jugendliche, die sich in dem binären und immer noch homophoben Schulsystem nicht trauen, ein Coming-out zu haben. „Schwul“ ist nach wie vor eines der gängigsten Schimpfwörter.

Was an Schulen ist homophob?

Heteronormative Perspektiven werden immer wieder reproduziert. Das Schulsystem ist ein binäres System. Queere Identitäten werden manchmal als Thema im Ethik-Unterricht behandelt, aber es ist eine Querschnittsaufgabe, queere Realitäten etwa auch in den Geschichts- oder Biologieunterricht einzubringen.

Sie haben als Ehrenamtliche angefangen, was war Ihre Motivation?

Viele von uns hätten in ihrer Schulzeit gerne selbst so ein Projekt gehabt. Wir sind vor allem Ehrenamtliche zwischen 20 und 27 Jahren und haben mehrheitlich selbst Coming-out-Erfahrungen gemacht. Deshalb wollen wir LSBTIQA-Personen em­powern und die ganze Schulklasse dafür sensibilisieren, dass es vielfältige Lebens- und Liebesformen gibt.

Was sind Ihre Methoden?

Um einen hierarchiearmen Raum fernab einer Bewertungslogik zu ermöglichen, arbeiten wir ohne Lehrkräfte. Die Schüler*innen sollen sich in Personen hineinversetzen, die wegen ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung diskriminiert werden, und so Empathie entwickeln.

Sprechen Sie mit den Schü­ler*innen auch über Ihre persönlichen Erfahrungen?



Ja. Vor dem Ende jedes Projekts erzählen die Ehrenamtlichen von ihrem Coming-out-Prozess. Es wird also nicht über, sondern mit Personen, die sich selbst in einem queeren Spektrum verorten, gesprochen. Die Schü­ler*in­nen können uns dann auch anonym Fragen stellen, die wir beantworten.

Wie sind die Reaktionen der Jugendlichen?



Wir teilen unter den Schü­ler*in­nen anonyme Feedback-Bögen aus, die meisten bedanken sich darin für unsere Offenheit. Es gibt aber auch provokante Reaktionen von Schüler*innen, das macht unsere Arbeit manchmal schwierig. 



Und die Lehrkräfte? 



Buchen uns meistens direkt für das nächste Jahr wieder. Die Nachfrage steigt. 


Interview: Hellen Vogel

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