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Zeit, ein Feuer zu machen

Der Winter ist die perfekte Jahreszeit zum Grillen. Besonders Fisch bietet sich an, der die Wartezeit vom Einkauf bis auf den Rost nun gut übersteht. Dabei gilt: Fischwintergriller sollten ihr Grillgut lieber zu früh als zu spät vom Rost nehmen

Auch Kasta­nien lassen sich gut „wintergrillen“ Foto: foodandmore/Panthermedia/imago

Von Carola Rönneburg

2019 haben 37,9 Prozent der Deutschen laut Statistik „antizyklisch“ gegrillt, also im Winter Lebensmittel auf den Rost gelegt. Dabei lassen sich die Vorteile der kalten Jahreszeit schon beim Einkauf nutzen: Im Winter muss es kein Steak sein, jetzt ist die Gelegenheit, unbesorgt frischen Fisch – aus zertifiziertem Fang – zur Grillparty mitzunehmen. Er wird eine Wartezeit überstehen, nicht verderben und mit einem Holzkohlearoma einfach köstlich sein. Wer reguliert grillt, hat es dabei etwas leichter und kann die Temperatur einstellen – der Fisch mag 160 bis 180 Grad. Dreibeingriller sind auf ihre Erfahrung angewiesen oder müssen sich einfach trauen. Der Zeitpunkt, zu dem sie sonst Würstchen auflegen, ist besser geeignet als jener für das scharf angeröstete Steak, aber zu wenig Hitze darf es auch nicht sein.

Fisch kann Holzkohle­geschmack aufnehmen

Für erste Tests empfiehlt Frank David, langjähriger Koch und heute Zweigstellenleiter des Gastromarkts „Gilde“ in Neuss, „einen ganzen, selbstverständlich ausgenommenen Fisch – zum Beispiel eine Forelle – auf einer Grillmatte zu garen und einen Deckel aufzulegen“. Grillmatten sind wiederverwendbare Unterlagen aus feinem Flechtwerk, oft auch beschichtet, quasi eine leicht durchlässige Teflonpfanne. Der Fisch kann den Holzkohlegeschmack aufnehmen, verliert aber wenig eigenen Saft. Mit dieser Methode lässt sich untersuchen, wie weit der Garprozess im Fisch vorangeschritten ist. Gradmesser ist die Rückenflosse: „Einfach anfassen“, sagt David. „Die Gräten der Rückenflosse lösen sich, wenn der Fisch gar ist.“ Ein weiterer Hinweis auf den Garpunkt, sofern der Fisch noch seinen Kopf trägt, ist ein Blick auf die Augen. Sind sie getrübt, ist das Eiweiß gestockt – der Fisch ist gar.

„Gar“ ist allerdings auch die letzte Stufe, bevor Fisch trocken wird und keine Freude mehr bereitet. Im besten Zustand, ob gebraten oder gegrillt, glänzt das Fleisch eines Fisches an der Rückengräte. Und da nun mittlerweile alle schon einmal Sushi gegessen und überlebt haben, sollten Fischwintergriller ihr Grillgut lieber zu früh als zu spät vom Rost nehmen. Eine Ausnahme, so David, gilt für aufgetaute Tiefkühlware: „Bei TK-Steaks von Lachs oder Thunfisch würde ich warten, bis Eiweiß austritt. Das ist leicht zu sehen, der Fisch muss dann sofort runter vom Grill.“ Für den Geschmack lohne es sich auch, „mal ein Räucherhölzchen zur Kohle zuzugeben.“

Wie immer beim Kochen, machen erste Erkenntnisse neue Prozesse möglich. Wer Fisch, Glut und Garzeit erlebt hat, füllt beim nächsten Mal seinen Fisch und wickelt ihn in feuerfestes Backpapier ein. „In einem Folienpack kann man tolle Sachen mit Fisch machen“, sagt David. „Es kommen Kräuter in den Fisch, ein bisschen Weißwein dazu und ein Stück Butter – herrlich.“ Schön eingepackt, gart der Fisch gemütlich in den Zutaten und nimmt ihren Geschmack an. Eigentlich ein Backofenrezept, bekommt die Mahlzeit hier noch etwas vom Grill mit.

Klassiker: gefüllte Äpfel Foto: foodandmore/Panthermedia/imago

So viel über Fisch. Im Grillmodus fallen Frank David noch andere Lebensmittel ein, die zum Wintergrillen passen. „Wer jenen klassischen Metzger des Vertrauens hat, kann ja auch mal ein Hirschkotelett oder Wildbratwürstchen grillen“, sagt er. Schwer begeistert ist er außerdem von Butternutkürbis: „Halbieren, das Innere samt Kernen herausschälen und eine Füllung aus Hackfleisch oder Zucchini und Paprika machen, mit Meersalz und Chili würzen – und dann geht das auf den Rost, bis der Kürbis weich ist.“ Und ein Dessert! „Orange und Apfel mit Glühweinsauce, oder ein schöner Käse mit Feigen.“ Einfach in einen Metallbehälter packen und auf den Grill stellen, sagt er.

Es ist bekannt: Billigholzkohle rasiert Tropenholzwälder ab. Besser sind Produkte mit FSC-Siegel, vor allem aber heimische: Die Anbieter „Neo“ und „Profagus“ produzieren nachhaltig bei Göttingen und Saarbrücken.

Eine Alternative zur Holzkohle bieten Pellet-Grills. Auch hier sind in Sachen Hightech und Preis nach oben kaum Grenzen gesetzt. So liefert SmokeFire (ab 1.199 Euro), eine Porzellan-Emaille-Konstruktion von Weber, präzise Temperaturen zwischen 95 und 315 Grad.

Apropos Grill: Neue Geräte sind teils dreimal so groß wie der heimische Herd, sie haben Haubendeckel und ausklappbare Seitentischchen, Temperaturfühler und raffinierte Systeme, die Luft zu- und abführen. Und sie haben ihren Preis: der Wandgrill der Firma „La Cornue“ zum Beispiel kostet knapp 8.500 Euro – dafür fallen allerdings auch keine Versandkosten an. Etwas günstiger sind Modelle wie der „Monolith classic“, der wie ein Vorfahr des Star Wars Roboter R2D“ wirkt (1.400 Euro), oder das „Big Green Egg Large“ (1.500 Euro), eine Art Riesenhandgranate. Beide Grills sind eigentlich Keramiköfen und werden auch in manchen Restaurantküchen eingesetzt. Wer meint, das sei zwar viel Geld, als eine einmalige, lebenslang haltende Anschaffung aber zu rechtfertigen, kennt keine echten Grillmaniacs. Die besitzen nicht nur einen, sondern mehrere Grills verschiedener Hersteller.

Ist eine solche Investition notwendig? „Nein“, sagt David, ein Dreibeinig sei ausreichend. „Entscheidend ist, was du auf den Rost legst.“ Viele Leute kauften ein teures Gerät, grillten darauf aber billiges Fleisch vom Discounter. „Umgekehrt wäre besser.“