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: Auch der Bürgermeister von Kerpen gibt sein Amt auf

Nach Drohungen gegen seine Familie will der CDU-Kommunalpolitiker Dieter Spürck nicht mehr zur Wahl antreten. Zuletzt forderte ein anderer Bürgermeister aus NRW mehr Sicherheit

Das Neue

Wegen Bedrohungen gegen sich und seine Familie verzichtet der Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Stadt Kerpen, Dieter Spürck (CDU), auf eine erneute Kandidatur. Es gebe eine „zunehmende Verrohung in der ganzen Gesellschaft“, sagte der 53-Jährige dem Kölner Stadt-­Anzeiger und der Kölnischen Rundschau. „­Soweit mich das selbst betrifft, halte ich das für ein tragbares Berufsrisiko, aber nicht für meine Frau und meine Kinder.“ Als Auslöser seiner Entscheidung nannte Spürck eine Nachricht, die er in seinem Briefkasten gefunden habe. Darauf habe gestanden, dass seine „Kinder es zu spüren“ bekämen, wenn er sich nicht „intensiver für den Hambacher Wald einsetzen“ würde, berichtete Spürck. Auch Gegner der Flüchtlingspolitik hätten versucht, ihn einzuschüchtern. Wenn einem Kind in Kerpen etwas geschehe, dann werde das seinen Kindern „ebenfalls so gehen“, sei er gewarnt worden. Auch habe es Ankündigungen gegeben, „mir die Mafia auf den Hals zu hetzen oder sich bei mir zu Hause einzuquartieren“.

Der Kontext

1.241 politische Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger zählte das BKA im vergangenen Jahr bis Anfang Dezember. Vor gut zwei Wochen hat der Bürgermeister von Kamp-Lintfort, Christoph Landscheidt (SPD), die Diskussion über die Sicherheit von Kommunalpolitikern neu entfacht, als er wegen Drohungen aus der rechten Szene einen Waffenschein beantragt hatte. Landscheidt fühlte sich seit der Europawahl massiv von Rechtsextremen bedroht. Schon in den Wochen zuvor hatten mehrere Kommunalpolitikerinnen und -politiker Konsequenten aus Gewalt- und Morddrohungen gezogen: Arnd Focke (SPD), ehrenamtlicher Bürgermeister von Estorf in Niedersachsen, legte sein Amt nieder, weil er Drohbriefe und nächtliche Drohanrufe von Rechtsextremen erhalten hatte. Silvia Kugelmann, SPD-Bürgermeisterin von Kutzenhausen in Bayern, verzichtet auf eine weitere Kandidatur, weil sie Drohbriefe erhalten hat und ein Nagel in ihren Autoreifen gedrückt worden war. Martina Angermann, SPD-Bürgermeisterin von Arnsdorf in Sachsen, trat im November vom Amt zurück, nachdem sie über Jahre von der rechten Szene gemobbt worden war.

Nun hat auch Dieter Spürck klein beigegeben. Spürck hatte das Bürgermeisteramt 2015 übernommen. Seitdem habe er „wiederholt Schrammen“ an seinem Auto vorgefunden. „Vor meiner Haustüre hat man mir die Luft aus den Reifen gelassen. An der Rathaustüre hingen Beschimpfungen“, sagte der Vater von zwei Kindern.

Die Reaktionen

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken forderte in einer Reaktion: „Wir dürfen nicht zulassen, dass sich hier ein Klima aus Hass und Angst breitmacht. Ob gegen Politik, Medien, Staat, ob gegen Minderheiten oder Andersdenkende – gewalttätiger Hass muss bestraft werden!“, twitterte sie am Donnerstag.

Die Konsequenz

Bei der anstehenden Bürgermeisterwahl im September 2020 wird Spürck nicht nochmals kandidieren. (epd/ taz)