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berliner szenenForschenim Leben der anderen

Vierzig Cent“, sagt der Mann mit ausgestreckter Hand, als ich ihn zum ersten Mal sehe. Immer wieder: „40 Cent“, zu mir und zu den anderen am U-Bahn-Gleis. Einmal fügt er hinzu, sie seien für einen Kaffee. Ich hatte ihn erst nicht wahrgenommen, so wie man Bettelnde in Berlin oft wenig wahrnimmt oder wahrnehmen will. Es sind einfach so viele.

„40 Cent“, sagt er auch, als ich ihn an einem anderen Tag wiedersehe, „40 Cent“. Diesmal hat er an seinem Rollstuhl Plastiktüten befestigt, in denen sich Lebensmittel abzeichnen, „40 Cent“. Ich gebe ihm die Summe und kann mir nicht verkneifen zu fragen: „Warum denn eigentlich immer genau 40 Cent?“

Kaum habe ich das gesagt, frage ich mich, ob meine Frage unverschämt war. In den seltensten Fällen fängt man mit Bettelnden ein Gespräch an. Die meisten Menschen schauen betroffen weg, geben lieber nichts. Und wenn sie doch etwas geben, dann schnell. Wenige Worte, „bitte schön“. Eine komische Art zu kommunizieren. Aber vielleicht geht uns das Leben der anderen auch überhaupt nichts an.

Er entgegnet, dass er alles habe. Und ich sage: „Dann ist ja gut.“ Vielleicht hat er genug in seinen Plastiktüten. Vielleicht braucht er wirklich genau 40 Cent für seinen Kaffee. „Dann ist ja gut“, ist eine komische Antwort, denke ich und bereue es schon wieder, ihn angesprochen zu haben. Worte können verbinden. Oder trennen. Diese, denke ich, trennten uns. Ich steige in die U-Bahn ein und denke weiter über den Mann nach. Was auch immer es heißen mag, dass er alles hat – in den Tüten, im Leben oder wo auch immer.

Als ich ihm das nächste Mal begegne, drücke ich ihm die 40 Cent einfach ungefragt in die Hand, um meine hilflosen Worte wiedergutzumachen. Sage sicherheitshalber nichts, nicke bloß. Er auch. „Dankeschön.“

Lea De Gregorio

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