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Wieder auf inhaltliche Arbeit konzentrieren

Die Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen kommt nach Führungswechsel nicht zur Ruhe

Nach langwierigen Unruhen um die Leitung soll sich die Gedenkstätte Hohenschönhausen nach dem Willen von Berlins Kultursenator Klaus Lederer wieder auf inhaltliche Arbeit konzentrieren können. „Ich hoffe, dass die öffentliche Wahrnehmung der Einrichtung so schnell wie möglich wieder über die inhaltliche Ausrichtung der Gedenkstätte erfolgt“, sagte der Linken-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Im vergangenen Jahr war der damalige Chef der Gedenkstätte, Hubertus Knabe, entlassen worden, weil er nicht entschieden genug gegen sexuelle Belästigung von Mitarbeiterinnen durch seinen Stellvertreter vorgegangen sein soll. Knabe bestreitet das. Ein Rechtsstreit wurde mit einem Vergleich beendet, der Chefposten neu besetzt.

„Wir stabilisieren die Einrichtung im Augenblick“, sagte Lederer. Dafür würden zusätzliche Ressourcen etwa für die Programmarbeit, die politische Arbeit und die Koordinierung des Zeitzeugenbüros bereitgestellt. „Wir sorgen dafür, dass die Arbeit auf einem der Aufgabe angemessenen Niveau fortgeführt werden kann.“ Es habe Defizite gegeben. „Das bringen wir jetzt in Ordnung.“

Auch als Vorsitzender des Stiftungsrates der Gedenkstätte hat Lederer „ein hohes Interesse daran, dass die Einrichtung mit ihrer Arbeit überzeugen kann“. Dafür müsse „ein Klima existieren, in dem die dort arbeitenden Menschen den Eindruck haben, dass sie für ihre Arbeit wertgeschätzt werden und dass sie die Rückendeckung haben bei ihrer Aufarbeitungstätigkeit. Rückendeckung und Unterstützung von mir und dem Stiftungsrat sind da.“

Mit den Vorgängen um Knabes Entlassung wird sich voraussichtlich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses befassen. Die Oppositionsfraktionen CDU und FDP haben einen entsprechenden Antrag angekündigt und verfügen über die dafür notwendige Zahl von Abgeordneten. Es werden immer wieder Vermutungen laut, Knabe sei aus politischen Gründen gefeuert worden. Der Linke Lederer war bei seinem Vorgehen allerdings offensiv von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) unterstützt worden, die zu dem Zeitpunkt auch noch Chefin der Berliner CDU war.

„Ich habe nichts zu verbergen“, sagte Lederer mit Blick auf einen Untersuchungsausschuss. „Ich bin auch der festen Überzeugung, dass durch diesen Ausschuss nicht mehr ermittelt werden kann, als wir auf insgesamt 23 parlamentarische Anfragen mit Hunderten Einzelfragen den Abgeordneten mitgeteilt haben und was die Abgeordneten selbst durch Akteneinsicht für sich reflektieren konnten.“ Der Ausschuss werde viel Kraft kosten und „die Einrichtung mit Ereignissen, die zurückliegen, in die öffentliche Wahrnehmung bringen und eben nicht mit ihrer inhaltlichen Arbeit“. Lederer sieht einen „rein politisch motivierten Versuch, die Arbeit des Stiftungsrates – und meine – in ein schlechtes Licht zu rücken“.

Die Gedenkstätte in Hohenschönhausen ging aus dem zentralen Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit hervor. Von 1951 bis 1989 wurden dort mehr als 11.000 Menschen eingesperrt. (dpa)

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