Anna Klöpper
Der Wochenendkrimi
: Blutdiamanten, eine Stadt auf Rauschgold und früher war auch in Münster mehr Lametta

Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann) hat Lust auf einen Glühwein Foto: Martin Valentin Menke/WDR

Es weihnachtet gar sehr in Münster – aber selbst für ein erzkatholisches Städtchen auf Rauschgold ist dieser übereifrige Santa, der da vor dem Juwelierladen rumhängt und Kommissar Thiel (Axel Prahl, l.) und Professor Boer­ne (Jan Josef Liefers, r.) beim Glühweintrinken über den Weg läuft, ein bisschen verdächtig. Tatsächlich verbirgt sich hinterm falschen Rauschebart der Amateur-Erpresser Artjom (Sascha Alexander Gersak), der wahnsinnig auffällig-unauffällig die beiden Ermittler beschattet und guckt, ob schon Wirkung zeigt, dass er deren Kollegin Krusenstern (Friederike Kempter) in einer alten Mühle neben dem Elefantengehege des Münsteraner Zoos gefangen hält.

Thiel und Boerne sollen nämlich ein bisschen in die Gänge kommen, der schwule Sohn des falschen Weihnachtsmanns (Oleg Tikhomirov) wird beschuldigt, seinen Lover umgebracht zu haben – niemals, glaubt indes der Vater und wähnt seinen Sohn zu Unrecht auf der Anklagebank.

Und dann ist da noch die Parallelgeschichte, die spielt in dem Juwelierladen in der Altstadt. Da geht es, passend zum Weihnachtsgeschäft, um Blutdiamanten aus afrikanischen Minen und einen wirklich bösen Mann (David Bennent), der wahrscheinlich nicht, wie am Ende der Amateur-Entführer, mit der Krusenstern Weihnachtskekse essen und sich erst in ihre Ohrringe und dann in die Krusenstern selbst verlieben würde. Was spätestens dann bescheuert wird, als auch die Kommissarin sich, vermutlich auch dank ihrer magischen Ohrringe, man weiß es nicht, in ihren Entführer verknallt.

Alles beim Alten in Münster. Ein bisschen Klamauk, eine Prise Crime, ein Hauch öffentlich-rechtlicher Erziehungsanspruch (die Blutdiamanten). Wobei „Witz, komm raus“ Vorfahrt vor dem Crime-Faktor hat.

Doch selbst wenn man dem Münsteraner Duo inzwischen in Fernseh-Nostalgie (seit 2002 im WDR) verbunden ist und ein Herz aus Lebkuchen hat: So richtig ulkig wird’s nicht. Und das müsste es, damit man gnädig über die wahlweise bescheuerte Geschichte (die Entführung) hinwegsehen kann oder den nicht existenten Spannungs­bogen der Diamantenstory nicht vermisst.

Gute, manchmal sogar witzige Momente hatte der Münster-„Tatort“ immer dann, wenn die Dialoge zwischen Thiel und Boerne hinhauten, wenn der eitle Rechtsprofessor und der schlumpfige Kommissar als Nachbarn im Hausflur und als Antipoden kollegial aufeinandertrafen. Aber auch da gilt leider: Früher war mehr Lametta.

Münster-„Tatort“: „Väterchen Frost“, So., 20.15 Uhr, ARD