Auswahl der EU-Kommission: Von der Leyens Team auf Prüfstand

Am Donnerstag müssen sich drei KandidatInnen einer Anhörung im Europaparlament stellen. Der Franzose Thierry Breton gilt als umstritten.

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, spricht mit Ursula von der Leyen designierte Präsidentin der Europäischen Kommission, beide lachen.

Da lachen sie noch: Macron und Kommissionspräsidentin von der Leyen am Dienstag in Paris Foto: Ludovic Marin/afp/dpa

BRÜSSEL taz | Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss weiter um ihr Team für Brüssel bangen. Zwei Wochen nach dem ursprünglich geplanten Start am 1. November fehlen immer noch vier Kommissare. Auch der Streit mit dem Europaparlament ist noch nicht ausgestanden.

Die EU-Abgeordneten hatten drei Kandidaten für das Team von der Leyen abgelehnt. Ihnen wurden Interessenkonflikte und Mangel an fachlicher Eignung vorgeworfen. Nun müssen sich drei Ersatzkandidaten aus Frankreich, Ungarn und Rumänien einer Anhörung in Brüssel stellen.

Bei den Hearings am Donnerstag könnte es vor allem für den Franzosen Thierry Breton eng werden. Am Dienstag war Breton nur mit einer hauchdünnen Mehrheit durch den Rechtsausschuss des Parlaments gekommen, das die Kandidaten auf mögliche Interessenkonflikte prüft.

Der bisherige Chef des französischen IT-Unternehmens Atos setzte sich mit zwölf gegen elf Stimmen durch. Doch die Bedenken von Sozialdemokraten, Grünen und Linken sind nicht ausgeräumt. Sie kritisieren, dass Breton künftig in der EU-Kommission genau jene Bereiche betreuen soll, für die er auch bei Atos zuständig war.

Ein viel zu großes Ressort

Von der Leyen hat dem ehemaligen französischen Wirtschaftsminister den Binnenmarkt, die Industriepolitik und die Rüstung zugewiesen. Dabei hatte das Parlament bereits bei der ersten französischen Kandidatin Sylvie Goulard bemängelt, dass dieser Ressortzuschnitt viel zu groß sei. Dass Breton die Dossiers aus seinem früheren Job kennt, macht die Sache aus Sicht vieler Abgeordneter nicht besser.

Patrick Breyer, Piratenpartei

„Dass Internetkonzerne von einem langjährigen IT-Manager reguliert werden sollen, weckt Misstrauen“

Die französische Europaabgeordnete Manon Aubry (Linke) sprach von „Heuchelei“ und zeigte sich „total angewidert“ von der Entscheidung, Breton zum Hearing zuzulassen. Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken bedauerte, dass Breton nicht zumindest aufgefordert wurde, Zusatzfragen zu beantworten. „Ich finde, dass es viele Fragen zu seinen Interessenkonflikten gibt“, schrieb er auf Twitter.

Vor diesem Hintergrund muss Breton am Donnerstag mit einer schwierigen Anhörung rechnen. „Dass Internetkonzerne von einem langjährigen IT-Manager reguliert werden sollen, weckt Misstrauen, ob Thierry Breton wirklich im Interesse der Bürger Politik machen wird“, sagte Patrick Breyer von der deutschen Piratenpartei.

Weniger Ärger gab es im Vorfeld über die beiden anderen Ersatzkandidaten. Sowohl der Ungar Varhelyi als auch die Rumänin Adina-Ioana Valean wurden vom Rechtsausschuss ohne Gegenstimmen durchgewunken. Allerdings ist umstritten, ob Ungarn das Dossier der EU-Erweiterung erhalten soll. Bei der Aufnahme neuer Mitglieder geht es auch um Demokratie und Rechtssaat – Ungarn ist da kein leuchtendes Vorbild.

Ein Kommissar trotz Brexit?

Von der Leyen hat aber noch ein weiteres Problem: Es fehlt ein Kommissar aus Großbritannien. Da der Brexit erneut verschoben wurde, soll Premier Boris Johnson noch schnell einen Kandidaten nominieren – selbst wenn dieser nur wenige Wochen im Amt bleibt. Doch Johnson hat bisher nicht auf die Bitte aus Brüssel reagiert.

Von der Leyen macht nun Druck: Sie erwarte eine Antwort „sehr bald vor Ende der Woche“, schrieb sie in einem Brief nach London. Zugleich kündigte sie eine Änderung in letzter Minute an. Statt „Schutz unserer Europäischen Lebensweise“ soll der Bereich von Vize-Präsident Margaritis Schinas nun „Förderung unserer europäischen Lebensweise“ heißen, wie ein Sprecher mitteilte.

Er bestätigte damit Angaben der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament. Die Abgeordneten hatten sich darüber empört, dass die Migration mit dem Schutz des „European Way of Life“ verquickt werden sollte.

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