die dritte meinung
: Mehr Respekt fordert Ramona Günther zum Welttag der Menschen mit Behinderung

Ramona Günther (60) ist Selbstvertreterin und gehört dem Bundesvorstand der Lebenshilfe an, dem Lebenshilfe-Rat behinderter Menschen auf Bundesebene und dem lokalen Werkstattrat; sie kommt aus Freudenstadt im Schwarzwald.

Sie haben mich zum Welttag der Menschen mit Behinderung gefragt: Was brauchen wir, um eine behindertenfreundliche Gesellschaft zu werden? Dafür ist es besonders wichtig, Menschen mit Behinderung so anzunehmen, wie sie sind. Uns nicht von oben herab anzusehen oder mit dem Finger auf uns zu zeigen und zu sagen: „Die sind ja behindert, die können gar nichts.“ Wir wollen Respekt auf Augenhöhe, das ist uns wichtig. Gerade bei der Unterstützung brauchen wir Assistenten, die das machen, was wir wollen und brauchen. Es ist nicht in Ordnung, wenn Assistenten einfach darüber hinweggehen.

Ganz wichtig ist für Menschen mit Behinderung, dass sie wählen dürfen. Nach der Änderung der Gesetze im Bund ist Baden-Württemberg noch immer nicht so weit: Obwohl sie das Wahlgesetz geändert haben, steht die Wahl für alle noch immer nicht im Gesetz. Das finde ich unmöglich, weil es uns zu Bürgern zweiter Klasse macht. Ich bin frech und trau mich was, sage, was ich denke. Das können aber nicht alle – und das ist auch wichtig für Menschen, die sich nicht so wehren können.

Ganz wichtig ist auch die Barrierefreiheit: Menschen im Rollstuhl haben es häufig schwer, irgendwo mitzukommen, in der Bahn, mit dem Bus oder auch ganz normal auf der Straße. Ich fahre viel Zug nach Berlin und verstehe überhaupt nicht, warum Züge nicht endlich barrierefrei sind. Der zweite Punkt ist Leichte Sprache. Es ist oft nicht einfach, sich zurechtzufinden. Wo muss ich hin, wie bekomme ich eine Fahrkarte für den Bus, oder was ist in der Welt passiert? Dafür ist Leichte Sprache wichtig. Ich frage immer nach, aber ich freue mich, wenn ich nicht nachfragen muss.

Zum Schluss möchte ich es noch einmal sagen: Die Gesellschaft muss offener werden, Menschen darf man nicht abwertend begegnen. Das gilt genauso für Menschen aus anderen Ländern wie für Menschen mit Behinderung.