Fußball der Frauen: Elektrisierende Kulisse

Deutschland gewinnt in Wembley 2:1 gegen England. Die Zukunft des deutschen Fußballs scheint plötzlich wieder in den hellsten Farben zu leuchten.

Stürmerin Popp schießt den ball, die Gegnerinnen schauen zu

Inspiriert von der Kulisse in Wembley: Alexandra Popp mit Power Foto: imago images/Fotoarena

In der London Underground sammelte sich am Samstagabend an der Haltestelle Wembley-Park viel Trübsal. Als die Familien die Züge bestiegen, steckten die meisten Fußballschals bereits unter dem Jackenkragen. Aus englischer Sicht hätte dieses einmalige Event für den Frauenfußball anders verlaufen sollen. Die deutsche Kapitänin Alexandra Popp sah ihren Auftrag dagegen als erfüllt ansah: „Wir wollten Wembley zum Schweigen bringen.“ Mit einem 2:1-Last-Minute-Sieg gegen England sendete die deutsche Auswahl zum Jahresabschluss ein Zeichen der Stärke aus.

Auch wenn nicht alle 90.000 Ticketinhaber erschienen, sorgten 77.786 Stadionbesucher für eine elektrisierende Stimmung. Die DFB-Frauen zeigten „ein überragendes Fußballspiel in einem hervorragenden Rahmen“, wie Joti Chatzialexiou, der sportliche Leiter Nationalmannschaften beim DFB, belobigte. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg wollte sich lieber gar nicht fragen, was mit so viel Mut und Leidenschaft bei der WM in Frankreich möglich gewesen wäre, sondern tröstete sich damit, „ein Spiel für die Zukunft“ gesehen zu haben.

„Die Lust im Kopf, dieses Spiel für sich zu entscheiden“, sah die Trainerin, die ihre junge Garde explizit angewiesen hat, in der zweiten Halbzeit den „lucky punch“ zu besorgen. Kaum Zufall, dass Klara Bühl für späte Glückseligkeit sorgte (90.). Dem erst 18-jährigen Talent aus Freiburg fiel es schwer, die ihr durch den Kopf schwirrenden Superlative zu ordnen.

Nicht minder beeindruckt wirkte DFB-Präsident Fritz Keller. Sichtlich beglückt hatte er einerseits „Hoffnung für die Zukunft“ erspäht und will andererseits „von England lernen, wie der Frauenfußball in der Gesellschaft festgeschrieben ist“. Dazu hätte es den Meinungsaustausch mit den FA-Kollegen gar nicht gebraucht. Ein Blick auf die Buden vor dem Stadion hätte gereicht: Überall standen Anhänger nach Fanartikeln der „Lionesses“ an.

Strahlende Augen

Warum geschieht Ähnliches nicht mehr in Deutschland? „Wir können nur sportlich überzeugen, aber diese Mannschaft hat mehr Publikum verdient“, meinte Voss-Tecklenburg, die sich Highlight-Spiele auch hierzulande wünscht. „Wäre schön, wenn wir auch in diese Richtung gehen“, sagte Torschützin Popp, die sich nur drei Wochen nach einer Bänderverletzung im Sprunggelenk mit dem Führungstor belohnte (9.). Die Stimmung sei „bombastisch“ gewesen, „bei jeder Einzelnen haben die Augen gestrahlt“, erzählte die 28-Jährige nach einem ihrer emotionalsten Länderspiele.

Die auch objektiv beste Darbietung in einem „facettenreichen Jahr“ (Voss-Tecklenburg) besaß viele Erzählstränge. Auch einen echten Konkurrenzkampf auf der Torwartposition gibt es jetzt im DFB-Team. Merle Frohms. Die Vertreterin der verletzten Almuth Schult ließ jedenfalls Taten sprechen. Die nur von Ellen White (44.) bezwungene Torhüterin vom SC Freiburg wertete ihren selbst verursachten und spektakulär abgewehrten Elfmeter gegen Nikita Parris (36.) als „das Mindeste, was ich tun konnte“. Was in Zukunft passiere, werde man sehen.

Am Ende hätte man bei aller berechtigten Begeisterung beinahe vergessen, dass es sich immer noch um ein Testspiel handelte. Alexandra Popps Instagram-Post nach dem Spiel kam doch arg großspurig daher. Da ist zu sehen, wie sie vor einem Schild am Rande des Rasens von Wembley posiert. „Where players enter and legends leave“ ist darauf geschrieben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.