Die Wochenvorschau für Berlin: Die Lesezeichen der Zeit

Die dunkle Jahreszeit hat begonnen, es gilt also wieder, sich zurückzuziehen. Am Besten auf dem Sofa Büchern oder in der Lesung.

Ob mit oder ohne Brille: Lesen hilft quasi immer Foto: dpa

So, jetzt ist er also da, dieser miese, dunkle Dreckskerl Winter. Um hier ungefähr seine einzige gute Seite herauszuarbeiten: Man darf sich wieder gepflegt zurückziehen, aufs Sofa mit einem guten Text etwa oder auch in eine der Literaturveranstaltungen, die nun zahlreicher werden. So feiert bereits am heutigen Montag um 20 Uhr die chilenische Bestseller-Fee Isabel Allende Deutschlandpremiere ihres neuen Romans „Dieser weite Weg“ im Großen Sendesaal des RBB.

Na gut: Isabel Allende, so ist sich die Kritik einig, hat nach ihrem Debüt „Das Geisterhaus“, das Mitte der Achtziger 29 Wochen lang auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste war, zunehmend ihre eigene Verschmalzung vorangetrieben. Trotzdem darf man es spannend finden, dass für ihren Verlag Suhrkamp jedes Jahr ein gutes ist, in dem ein neuer Allende erscheint, der all die anderen, weniger auflagenstarken Bücher querfinanziert. Wer mögen sie wohl sein, diese treuen Allende-AnhängerInnen, die dieser Königin des Kitsches nach wie vor die Stange halten?

Ihnen steht trotzdem der Sinn nach Höherem? Dann warten Sie in Sachen Literatur doch bis zum Samstag und sehen Sie sich die Premiere von „Franziska Linkerhand“ am Deutschen Theater an, nach einem der besten DDR-Romane, der dort 1974, ein Jahr nach dem frühen Tod seiner Autorin Brigitte Reimann, erschienen ist. Er handelt von den großen Utopien einer jungen Architektin – und wie diese an den ökonomischen Zwängen ihres Landes scheitern. Es könnte also aktuell werden in Zeiten von Mauerfalljubiläum und Wohnungskrise.

Vorlesen ist auch gefragt

Ebenfalls spannend dürfte es am Dienstag werden, wenn die Stiftung Lesen ihre neue Studie präsentiert. Seit Jahren schlägt diese Alarm, weil immer weniger Eltern ihren Kindern vorlesen – und weil inzwischen als nachgewiesen gilt, dass Kinder in der Schule erhebliche Nachteile haben, wenn ihnen nicht vorgelesen wurde. 19 Prozent der Viertklässler und 16 Prozent der 15-Jährigen in Deutschland können nicht richtig lesen und schreiben, so die aktuellen Zahlen der Stiftung – und um dies anzugehen, ruft die Stiftung Lesen nun schon dazu auf, dass man ja nicht nur aus Büchern vorlesen kann, sondern notfalls auch vom Smartphone.

Bildung funktioniert längst nicht mehr nur über Bücher: Das haben inzwischen auch die Bibliotheken dieser Stadt erkannt. Allen voran die Zentral- und Landesbibliothek, die mit einem Neubau am Blücherplatz nach Pariser Vorbild eine Art Centre Pompidou werden will, das allen Gesellschaftsschichten von Internetworkshops bis hin zu Deutschkursen den Zugang zu Wissen erleichtert. Der Bürgerdialog zur Planung des Neubaus hat gerade begonnen (siehe Seite 2).

Doch auch andere wie die Staatsbibliothek unter den Linden haben die Lesezeichen der Zeit erkannt: Das Gebäude, das seit 2005 bei laufendem Betrieb modernisiert wird, schließt am Freitag für den letzten Bauabschnitt, um dann bei freiem Eintritt, mit längeren Öffnungszeiten, mehr Arbeitsplätzen, neuer Cafeteria, neuem Museum zur Geschichte des Hauses und neuem Buchshop im kommenden Frühjahr wiederzueröffnen. Es lebe die Lektüre!

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