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Von der Leyens EU-Team wackelt

Ungarns und Rumäniens designierte Kommissare sind schon vor den Anhörungen nächste Woche an der ersten Hürde im Europaparlament gescheitert. Das bringt die künftige Kommissionschefin in die Bredouille

Aus Brüssel Eric Bonse

Fehlstart für die neue EU-Kommission: Die Rumänin Rovana Plumb und der Ungar Laszlo Trocsanyi, die zum 26-köpfigen Team der kommenden Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) gehören, sind bei einer Prüfung ihrer Vermögensverhältnisse und Nebentätigkeiten durchgefallen.

Der Rechtsausschuss des Europaparlaments stimmte am Donnerstag in Brüssel dagegen, die beiden Kandidaten zur Anhörung zuzulassen, dem sich alle angehenden Kommissare unterziehen müssen. Nun wackelt der Zeitplan für die Bestätigung des Teams von der Leyen.

Bisher ist vorgesehen, dass die neue Kommission am 1. November ihre Arbeit aufnimmt. Die Anhörungen der Kommissare sollen am Montag beginnen. Plumb war ursprünglich für Mittwoch vorgeladen, Trocsanyi sollte sich am Dienstag den Fragen der Europaabgeordneten stellen.

Doch nun sind beide schon an der ersten Hürde gescheitert. Es ist das erste Mal, dass designierte Kommissare bei der Vorprüfung im Rechtsausschuss durchfallen. Allerdings ist es keine Überraschung. Das Parlament war auf der Hut – und bestens vorbereitet.

Gegen neun designierte Kommissare, also jeden dritten im Leyen-Team, hatte der Rechtsausschuss Vorbehalte. Zwei wurden am Donnerstag zu einer eingehenden Prüfung vorgeladen. Dabei seien die Zweifel nicht ausgeräumt worden, hieß es im Europaparlament.

Bei Plumb, die Verkehrskommissarin werden soll, geht es um dubiose Kredite in Höhe von fast einer Million Euro. Bei Trocsanyi, der sich um die EU-Erweiterung kümmern soll, haben die Abgeordneten Zweifel an der Tätigkeit seiner Anwaltskanzlei zu seiner Zeit als Justizminister. Dabei deute einiges auf massive Interessenskonflikte hin, vermuten die EU-Abgeordneten.

Doch selbst wenn dieser Verdacht ausgeräumt werden sollte, bleiben politische Vorwürfe gegen Trocsanyi. Als früherer Justizminister sei er der Architekt der „illiberalen Demokratie“ von Regierungschef Viktor Orbán, argwöhnen seine Kritiker in Brüssel. Dass Orbán ihn aufstellte, sei eine Provokation – auch für von der Leyen.

Auch die Nominierung Plumbs sorgt für Unmut. Denn sie war in Rumänien bereits mehrmals unangenehm aufgefallen, sogar die Antikorruptionsbehörde hat gegen sie ermittelt. Neben dubiosen Geldspenden und Krediten wird ihr vorgehalten, einen Audi Q7 in Bulgarien zugelassen zu haben, um Umweltsteuern in Rumänien zu sparen. Auch von privaten Fischgründen ist die Rede.

Die Abgeordneten im Rechtsausschuss wollen nun in zwei Briefen ihre „Besorgnis“ über die umstrittenen Bewerber darlegen. „Niemand kann sagen, was nun passiert“, sagte die französische Linken-Abgeordnete Manon Aubry. Über das weitere Vorgehen muss von der Leyen entscheiden.

Die deutsche Politikerin hat dabei keine guten Optionen. Wenn sie an den Wackelkandidaten festhält, so riskiert sie, dass diese auch bei der folgenden Anhörung durchfallen. Zieht sie zurück, könnte sie jedoch Ärger mit den Regierungen in Bukarest und Budapest bekommen.

Die Kommissare werden von den EU-Mitgliedsländern nominiert. Von der Leyen gilt als zu schwach, um sich gegen die nationalen Wünsche durchzusetzen.

Die Nachfolgerin von Noch-Kommissionschef Jean-Claude Juncker war im Juli nur mit einer Mehrheit von neun Stimmen im neuen Amt bestätigt worden. Ende Oktober muss sie sich einer weiteren Abstimmung stellen – zusammen mit ihrem Team. Dabei kann sie sich keine Wackelkandidaten leisten. Das Europaparlament verfügt deshalb über einen starken Hebel, um Kandidaten abzuschießen.

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