piwik no script img

heute in bremen„Humboldt kommt immer zu mir zurück“

Frank Holl, 63, promovierter Literaturwissenschaftler und Historiker. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit Alexander von Humboldt.

Interview Mahé Crüsemann

taz: Herr Holl, Sie sind Literaturwissenschaftler und Historiker – wie kommen Sie dazu, sich mit Alexander von Humboldt, einem Naturforscher, auseinanderzusetzen?

Frank Holl: In meinem Studium habe ich über den Physiker Max Born promoviert. Auch er ist Naturwissenschaftler, und im Studium bin ich dann auch mit Alexander von Humboldt in Berührung gekommen. Ich war damals schon fasziniert davon, wie weit der Horizont von Humboldts Forschung war und wie allumfassend er gedacht hat. In den 80er-Jahren war seine Forschung noch nicht so im Fokus. Ich war sehr fasziniert von seinen ökologischen Sichtweisen.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit Humboldt?

Konkreter wurde meine Arbeit zu Humboldt noch vor 1999. Da war der 200. Jahrestag seiner Forschungsreise. Ich habe dann elf Ausstellungen in allen Ländern, die er bereist hat, organisiert. Im Anschluss kamen auch Lesungen und Vorträge dazu. Humboldt kommt immer zu mir zurück. Vor ein paar Jahren wollte ich ihn schon ablegen, aber er kommt wie ein Bu­me­rang immer zu mir zurück.

Was können wir von einem Wissenschaftler, der so viele Jahre vor unserer Zeit gelebt hat, lernen?

Dieses Jahr, zu seinem 250. Geburtstag, ist er natürlich wieder in aller Munde. Er war ein ökologischer Denker. Er hat sehr transdiszi­plinär gearbeitet und die Weltwissenschaft zu seiner Zeit zusammengebracht. Er hat die Wissenschaftskommunikation vorangetrieben und sich für Humanität eingesetzt. Er hat innerhalb der Wissenschaften die Menschen zusammengebracht und viele Wege geebnet. Beispielsweise hat er auch Charles Darwin aufs Podest verholfen.

Ist das denn in unserer globalisierten Welt noch wichtig?

Vortrag „Alexander von Humboldt und der Klimawandel – Mythen und Fakten“, Olbers-Saal im Haus der Wissenschaft, 19 Uhr

Die Wissenschaft von heute muss sich auf jeden Fall angesprochen fühlen. Die Kommunikation zwischen den einzelnen Wissenschaften ist gerade heute wieder sehr aktuell. Vor allem sollte die Wissenschaft aber auch immer nach außen kommunizieren. Da hat Humboldt viel Vorarbeit geleistet. Ich bin der Meinung, dass seine Arbeit auch notwendig ist für die Zukunft der Forschung. Wir können einiges von ihm lernen.

Woran arbeiten Sie momentan noch?

Gerade komme ich aus Mexiko zurück. Ich beschäftige mich momentan mit den deutschen Exilanten in Mexiko zur Nazizeit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen