Wahlen im Kosovo: Machtwechsel mit Folgen

Nach Jahren des Stillstands steht Kosovo vor einer historischen Zäsur: Der Wahlgewinner Albin Kurti will endlich die Korruption bekämpfen.

Albin Kurti im Scheinwerferlicht in Pristina

Hoffnungsträger und Wahlgewinner: Albin Kurti feiert am Sonntag in Prishtina das Wahlergebnis Foto: reuters

Nach all den Jahren der lähmenden Herrschaft der aus der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK hervorgegangen Parteien hat Kosovo jetzt den Neustart gewählt. Zwar bleibt Hashim Thaçi immer noch Präsident des Landes (der Posten stand nicht zur Wahl), doch im Parlament gab es dramatische Veränderungen. Dass nach Jahren der Opposition jetzt Albin Kurti die Chance bekommt, als Premierminister die Politik für das ganze Land zu gestalten, ist eine historische Wende.

Welche Schmutzkübel wurden über diesen Mann seitens seiner Gegner und vieler Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft ausgegossen. Anarchist, Bolschewik, Nationalist, alles in einer Person, quasi der Teufel selbst. In der Tat hat er seine Gegner herausgefordert. Seine beißende und unerbittliche Kritik galt denen, die als angebliche Widerstandskämpfer gegen die serbische Herrschaft sich das Recht genommen hatten, das Land und seine Menschen zu betrügen und auszubeuten. Und den Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft, die unfähig waren, das Land anständig zu verwalten.

Er geißelte die UN-Mission und die Rechtsstaatsmission Eulex, weil sie die Korruption im Lande eher bestärkten, statt sie zu bekämpfen. Auf den Wurf von Farbbeuteln reagierten interna­tionale Polizisten mit scharfen Schüssen und töteten einige Mitstreiter ­Kurtis.

Als Premierminister wird Kurti von den Vereinten Nationen darüber Aufklärung fordern, wie er auch gegen die Kriminellen im eigenen Land vorgehen wird. Ob er es kann, entscheiden er und seine Partei „Selbstbestimmung“ aber nicht allein. Auch seine Koalitionspartnerin, Vjosa Osmani von der Demokratischen Liga LDK, verfolgt das Ziel, die Korruption zu bekämpfen.

Die Frage ist nur, ob die mit der deutschen CDU verwobene Mitte-rechts-Partei einen Premierminister Albin Kurti akzeptiert. Einige Mitglieder der LDK müssen fürchten, wegen Korruption angeklagt zu werden. Die LDK steht vor einer Zerreißprobe. Von ihr hängt es ab, ob die Wahl eine historische Wende in der Geschichte Kosovos und der Region darstellt oder nicht.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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