heute in hamburg
: „Es gibt weniger sinnvolle Datenbanken“

Vortrag „Datenschmutz Kampagne“: 19 Uhr, W3 – Verein Werkstatt für internationale Kultur und Politik, Nernstweg 32–34, Eintritt frei

Interview Katharina Gebauer

taz: Marleen N., wieso ist es wichtig, zu wissen, was die Polizei oder der Verfassungsschutz über einen weiß?

Marleen N.: Weil es total schwierig ist, zu wissen, was, wie lange und wie umfangreich die Daten gespeichert werden. Und es gibt keine Überprüfung, was genau und wann sie etwas über dich abspeichern. Das zeigen Beispiele vom G20-Gipfel in Hamburg: Journalist*innen wurden die Akkreditierungen entzogen, weil sie fälschlicherweise in Datenbanken als Sicherheitsrisiko eingetragen waren. In Frankfurt gab es den Fall einer Anwältin, die beruflich auf einer Demo war, auf der es zu Straftaten kam. Darum speicherte die Polizei sie als gewaltbereite Linksmotivierte ab. Sie klagte, und dann erst wurde dieser Eintrag gelöscht.

Haben die Behörden nicht auch gute Gründe, Daten abzuspeichern?

Es ist sinnvoll, wenn in Datenbanken etwa Täter*innen verzeichnet sind, die wegen sexueller Gewalt oder kinderpornografischer Vergehen verurteilt worden sind. Das ist für die Gefahrenabwehr notwendig. Allerdings gibt es auch weniger sinnvolle Datenbanken.

Wie etwa?

Per Gesetz ist definiert, dass für die Gefahrenabwehr Personen abgespeichert werden, die politisch motivierte Straftaten begehen könnten. Da könnte praktisch jede*r gespeichert werden und als Linksextremist*in gelten.

Wieso unternehmen nur wenig Betroffene etwas dagegen?

Foto: privat

Marleen N.,

26, ist Teil der kritischen Jurastudierenden und hat ihr Staatsexamen bereits in der Tasche.

Viele sind eingeschüchtert, haben Angst, sich durch eine Anfrage erst verdächtig zu machen und in den Fokus zu geraten. Der Verfassungsschutz will dann wissen, warum man diese Information haben will oder wo geguckt werden soll. Dabei ist die Angabe eines Grundes völlig unnötig, dann wäre es ja keine Selbstbestimmung mehr. Viele wissen aber über ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht Bescheid. Seit einiger Zeit gibt es jedoch eine Homepage, die das Auskunftsersuchen druckt, wenn man seinen Namen und seine Adresse eingibt. Auf dem Formular steht auch die Adresse der gewünschten Behörde. Seitdem ist die Anzahl der Anfragen rapide gewachsen.

Ist es sinnvoll, wenn jede*r ein solches Auskunftsersuchen stellt?

Ja, denn es gibt Daten, die nach Jahren immer noch gespeichert sind. Der nächste Schritt ist dann, von seinem Recht Gebrauch zu machen, die Daten löschen zu lassen. Allerdings ist nicht gewiss, ob die Behörden dies wirklich tun. Nach einer gewissen Zahl an Anfragen verweigern manche Behörden die Auskunft, obwohl sie es eigentlich nicht dürfen.