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Misslungene Premiere

Die Basketballer der Hamburg Towers verlieren vor ausverkauftem Haus ihr Heimspiel-Debüt in der Ersten Bundesliga. Ein Debakel wie gegen München können sie abwenden

Von Yasemin Fusco

Diese Premiere ist eine kleine Sensation im von Sportkrisen geschüttelten Hamburg: Auf heimischen Boden absolvierte am vergangenen Freitag die Basketball-Mannschaft Hamburg Towers im ausverkauften Inselpark ihr erstes Heimspiel in der Ersten Basketball-Bundesliga. Gegner waren die Spieler des Syntainic Mitteldeutscher Basketball-Club (MBC).

In der Inselpark-Halle in Wilhelmsburg stand die Luft, manche Anhänger und Anhängerinnen der Hamburg Towers konnten sich kaum auf ihren Plätzen halten und konkurrierten mit dem Trainer um die Deutungshoheit des schleppend verlaufenden Spiels.

Die Cheerleaderinnen des Hamburg-Towers-Dance-Teams tanzten, der Hallensprecher zählte die Erfolge der Athletinnen auf und betonte, dass Cheerleading ein Wettkampfsport sei, allen Diskussionen über Auftrittsverbote von „optischen Lückenfüllerinnen“ in anderen Basketball-Teams zum Trotz. Er spielte damit auf den Bundesligisten Alba Berlin an, der seit dieser Saison auf seine Cheerleaderinnen verzichtet. Das sei nicht mehr zeitgemäß, so die Begründung der Berliner.

Für die Hamburger ist diese Partie das zweite Spiel in der Ersten Bundesliga. Nach der Auswärtsniederlage gegen den amtierenden deutschen Basketball-Meister FC Bayern München (111:55) verloren sie nach vielen Stellungsfehlern auch ihr zweites Saisonspiel. Allerdings dank guter Konter und einiger Traumkörbe weniger deutlich und zwar mit 83 zu 104 Punkten (40:46).

Die ungewöhnliche Geschichte der Hamburg Towers begann mit einem bescheidenen Wunsch: Der Ex-Profi Marvin Willoughby wollte nach seinem durch Verletzung verursachten frühen Aus als Basketball-Profi etwas Sinnstiftendes machen, ohne wirtschaftlichen Druck und ohne den Zwang zur Kapitalmehrung. Er brachte Jugend- und Sozialarbeit mit Profisport zusammen und gründete 2006 den Verein Sport ohne Grenzen, der vor allem in Wilhelmsburg Breitensport für Kinder anbot.

Zeitgleich scheiterten in Hamburg trotz des angekündigten Interesses von US-Investoren Bestrebungen, den Basketball in der Stadt wieder erstklassig zu machen. Zuletzt gab es in Hamburg in der Saison 2001/2002 Bundesliga-Basketball, damals spielte der Basketball-Club Hamburg in der Zweiten Bundesliga.

2013 gründete sich in Wilhelmsburg dann die Basketball-Mannschaft Towers (vorher Piraten) und absolvierte 2014 ihr erstes Pflichtspiel. Der Aufstieg in die Erste Bundesliga gelang in der Saison 2018/2019. Die Towers erreichten den vierten Platz in der Hauptrunde und den ersten Platz gegen die Nürnberg Falcons BC in den Play-offs.

Die Fans und die Tower-Profis stehen in dieser Saison vor ganz anderen Herausforderungen

Mit der Anstellung des US-Amerikaners Mike Taylor als neuem Cheftrainer im vergangenen Jahr und dem im September frisch verpflichteten deutschen Nationalspieler Heiko Schaffartzik hoffen die Towers nun, Breitensport und Spitzensport langfristig unter einem Dach zu bringen und dieses Dach noch zu vergrößern.

Die Träume der Hamburg Towers gehen nämlich weiter. Direkt an den Elbbrücken soll eine Mehrzweckhalle gebaut werden. Die Hamburg Towers und auch die Handballer des HSV Hamburg haben Interesse daran, diese Halle künftig zu bespielen. Für das Projekt Elbdome am Billhafen ist auch bereits ein städtebaulicher Wettbewerb gestartet worden. 6.000 bis 9.000 Zuschauer*innen soll die neue Halle fassen. Der Inselpark in Wilhelmsburg soll für die Nachwuchsportler*innen und für Trainingseinheiten der Profis erhalten bleiben.

Der große Sprung und die Erfüllung des Traums von einer größeren und prominent gelegenen Sporthalle im Hamburger Hafen bleibt zuerst aber noch Zukunftsmusik. Die Fans im Inselpark und die Tower- Profis stehen in dieser Saison vor ganz anderen Herausforderungen: Sie wollen die erste Spielklasse halten und zwar möglichst dauerhaft. Den Saisonauftakt haben sie allerdings verpatzt. Derzeit stehen sie mit 0 Punkten auf dem letzten Tabellenplatz.

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