: Heimkehr nach Madagaskar
Der arme Inselstaat holt versklavte Migranten aus der Fremde zurück
Aus Antananarivo Mario Rajomazandry
Lili Rahlimalala dachte, sie hätte eine gute Zukunft vor sich. Die junge Madegassin ließ sich als Dienstmädchen anheuern – im Nahen Osten. „Ich bereue bis heute den Tag, an dem ich vor mehreren Jahren in den Libanon geflogen bin“, berichtet sie. „Die Arbeitsbedingungen als Hausangestellte waren schrecklich. Ich bekam wenig Geld und musste mit anderen Arbeiten noch dazuverdienen. Ich hatte kaum Zeit zum Ausruhen und zum Schlafen. Manchmal wurde ich gar nicht bezahlt. Ich habe meine Heimat vermisst.“
Jetzt ist Lili Rahlimalala zurück in der Heimat – eine von über 200 Frauen, die die Internationale Organisation für Migration (IOM) in der ersten Jahreshälfte 2019 nach Madagaskar repatriiert hat. Die IOM hat begonnen, Madagaskars staatliches Koordinationsbüro zum Kampf gegen Menschenhandel zu unterstützen, um Bewusstsein über die Risiken der Arbeitsmigration zu schaffen – Ausbeutung und Misshandlung ohne Schutz und ohne die Möglichkeit, Rechte einzufordern.
Zum Internationalen Tag gegen Menschenhandel am 30. Juni lobte der IOM-Büroleiter in Madagaskar, Daniel Silva Poveda, die Partnerschaft mit dem madegassischen Präsidenten Andry Rajoelina und privaten Unternehmern, um dieser Herausforderung zu begegnen. „Der Kampf gegen Menschenhandel ist nicht nur Regierungssache. Er geht die gesamte Gesellschaft etwas an“, sagte Poveda.
Das bitterarme Madagaskar, eine große Insel im Indischen Ozean vor der Küste des südlichen Afrika, ist ein wichtiges Herkunftsland billiger Arbeitskräfte für die arabischen Golfstaaten und Asien. Da in Madagaskar selbst sexueller Missbrauch und Zwangsarbeit weitverbreitet sind, träumen viele Frauen von einem besseren Leben in der Ferne. Aber aus den Träumen werden Albträume, wenn sie in der Fremde faktisch als Arbeitssklaven dienen, in die Zwangsprostitution geraten oder gar als Bräute verkauft werden. Die meisten Opfer kommen aus ländlichen Gebieten und können nicht lesen und schreiben, was es skrupellosen Anwerbern und Arbeitgebern einfach macht, sie auszubeuten und zu belügen. Schätzungsweise 6.000 Madegassinnen arbeiten derzeit allein in Libanon; eine kleinere Anzahl lebt in Kuwait. Auch China ist ein beliebtes Ziel für madegassische Arbeitsmigranten.
Das französisch geführte private Konsortium Ravinala Airports, das die Flughäfen Madagaskars betreibt, hat sich der Regierung und der IOM als Partner für die Repatriierungen zur Verfügung gestellt. Schließlich laufe der Menschenhandel über Flughäfen, erklärt Nicolas Deviller, stellvertretender Geschäftsführer von Ravinala: „Wir müssen zusammenarbeiten, um Menschenleben zu retten.“
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