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Boule oder nicht Boule?

Der Verwalter Immobilien Bremen prüft zwei Wochen lang, ob er einen Boule-Platz verkauft hat – und kommt zum falschen Ergebnis. Die Fläche in Findorff wird derweil überbaut

Von Lotta Drügemöller

Ein bisschen Schotter, eine alte Laterne zur Beleuchtung – viel ist es nicht, was rund um den Findorffmarkt gerade für Aufregung und eine Menge Schriftverkehr sorgt. Am Bunker B36 entsteht ein Restaurant; nur ein kleines Karree vor dem Bauzaun der neuen Terrasse verrät dem aufmerksamen Betrachter, dass hier früher Boule gespielt werden konnte.

Der öffentliche Eigentumsverwalter „Immobilien Bremen“ (IB) hat angesichts der kleinen Fläche wohl nicht realisiert, dass das ursprüngliche Boulefeld größer gewesen sein muss. Die Boulespieler hatten bereits vor zwei Wochen einen offenen Brief an Bürgerschaft, Ortsamt und IB geschrieben – sie beschwerten sich darin über den in ihren Augen unrechtmäßigen Verkauf der öffentlichen Fläche und forderten einen Rückkauf. Für die Antwort ließ sich Immobilien Bremen zwei Wochen Zeit, obwohl mittlerweile zwei Presseberichte erschienen sind – und kam nun zu dem falschen Schluss, die Fläche der Boulebahn sei nicht verkauft worden.

Das Problem der Boule-Spieler sieht man dementsprechend nicht: Die könnten ja weiter spielen, schließlich werde auf ihrem Feld nicht gebaut. „Wer sollte die Fläche denn auch bebauen?“, fragt IB-Sprecher Peter Schulz. „Sie gehört ja weiterhin der Stadt Bremen.“

Von der ursprünglichen Spielfläche ist nur noch ein kleines Quadrat von etwa 20 Quadratmetern zu sehen. „Es ist definitiv falsch, dass unsere Fläche nicht betroffen ist“, sagt Boulespieler Otto Bremicker, der den Offenen Brief an IB verfasst hat. Manche verstehen die Antwort von Immobilien Bremen deshalb so, als hätten die neuen Bunkereigentümer, das Architektenbüro „Mielke und Freudenberg“ bewusst über ihre Grundstücksgrenzen auf den Bouleplatz hinaus gebaut. Für Gerüchte sorgt auch ein Grenzstein, der anzeigt, bis wohin das Bunkergrundstück auf das Boulefeld ragt. Bis vor Kurzem sei der niemandem aufgefallen, auch beim Boulespielen nicht, erzählt Bremicker. „Der Grenzstein ist mit Beginn der Bauarbeiten umgesetzt worden“, ist sich Claudia Vormann, Parteisprecherin für die Linke im Beirat Findorff, sicher. „Fragt sich nur, warum man das macht, wenn man die Grundstücksgrenzen nie verändert hat.“

Doch der Bauplan der Architekten stimmt mit dem Grundstücksplan von Immobilien Bremen überein – die Eigentümer haben somit nicht über ihre gekaufte Fläche hinaus gebaut. Und die Grenzmarkierung, so sagt Architekt und Eigentümer Rainer Mielke, sei schon vor Jahren von einem Vermesser angebracht worden.

Fraglich ist, wie eine Boulefläche, die ursprünglich mit Geld des Beirates hergestellt wurde, aus Aufzeichnungen so gründlich verschwinden kann, dass Immobilien Bremen sie sonstwo vermutet. Das Boulefeld reichte ursprünglich nicht über zwei Grundstücke. Die aktuellen Grundstücksgrenzen sind erst gezogen worden, als das Bunkergrundstück 2008 an das Architektenbüro verkauft wurde.

Das Problem: Der Bouleplatz war nirgendwo eingetragen. Es gab mit Immobilien Bremen keinen Pachtvertrag für die Fläche – vermutlich hat das Ortsamt beim Anlegen des Platzes an IB keine Info weitergegeben. Und als der Beirat 2008 beteiligt wurde, um zu bestimmen, was mit dem verkauften Bunker geschehen solle, wünschten sich die Stadtteilpolitiker ein Restaurant für den Platz. Den Bouleplatz hatte vermutlich niemand mehr im Sinn – er war zwar mit Beiratsmitteln erbaut worden, doch lag schon einige Zeit ungenutzt brach.

„Wer sollte die Fläche denn auch bebauen? Sie gehört ja weiterhin der Stadt Bremen“

Peter Schulz, Immobilien Bremen

Groß war die Boulefläche von Anfang an nicht, und auch schön kann man sie schon lange nicht mehr bezeichnen. Erst seit 2017 wird der Ort wieder regelmäßig zum Spielen genutzt. Ein Kreis aus SpielerInnen hatte beim Beirat beantragt, dass die Fläche saniert und auf Wettkampfmaße verlängert würde – die Unterstützung dafür war bereits zugesagt. „Es war ein Ort, der sich etabliert hatte. Wenn wir spielten, kamen immer Leute dazu“, bedauert Bremicker den Verlust.

Die Forderung, das Restaurant an dieser Stelle zurückzubauen und den Verkauf der Boulefläche rückgängig zu machen, scheint wenig realistisch. Schließlich hat das Architektenbüro, nach aktuellem Kenntnisstand, nur rechtmäßig erworbenes Eigentum bebaut. „Uns tut das auch leid für die Boulespieler“, so Mielke, „wir haben selber lange Boule gespielt.“

Gesucht werden muss jetzt nach einer Alternative – ein vorgeschlagener Platz am Torfhafen ließe sich wohl nur unter hohen Kosten realisieren. „Wir vergessen die Boulespieler nicht“, verspricht Ortsamtsleiterin Ulrike Pala. „Aber ein bisschen Geduld brauchen sie wohl.“

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