Antisemitismus-Beauftragter der Polizei: Umstrittene Personalie

Leiter der Präventionsstelle der Polizei Berlin wird gleichzeitig Antisemitismusbeauftragter. Nicht alle sind mit der Entscheidung glücklich.

Der Polizei-Antisemitismusbeauftragte Wolfram Pemp (r.) und sein Stellvertreter Dietmar Ring

Die Berliner Polizei hat nun einen Antisemitismusbeauftragten. Der 49-jährige Kriminaldirektor Wolfgang Pemp ist von Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Dienstag offiziell mit der Aufgabe betraut worden. Es handelt sich um eine Zusatzaufgabe. Pemp wird wie bisher weiterhin die Zentralstelle für Prävention im Landeskriminalamt (LKA) leiten. Zum stellvertretenden Antisemitismusbeauftragten wurde der 51-jährige Kriminaldirektor Dietmar Ring ernannt. Der ist und bleibt stellvertretender Leiter des Staatsschutzes. Auch Pemp war früher beim Staatsschutz. Dass er mit der neuen Aufgabe beauftragt worden ist, ist nach Informationen der taz in Polizeikreisen nicht unumstritten.

Pemp ist der dritte Antisemitismusbeauftragte im Land Berlin. Bei der Generalstaatsanwaltschaft gibt es mit Claudia Vanoni bereits eine Ansprechpartnerin. Auf Landesebene ist Lorenz Korgel kommissarisch zuständig.

Der Amtseinführung im Polizeihistorischen Museum wohnten Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Teile der Polizeiführung bei. Es könne nicht angehen, dass Jüdinnen und Juden in Berlin aus Angst vor Angriffen bestimmte Plätze mieden und sich nicht trauten, offen die Kippa zu tragen, sagte Pemp. Was die Zusammenarbeit der Polizei mit jüdischen Organisationen betreffe, sehe er einige Luft nach oben. „Noch mehr Hand in Hand zu arbeiten, das sehe ich ein Stück weit als meine Aufgabe als Antisemitismusbeauftrager an“.

Großes Dunkelfeld

Polizeipräsidentin Slowik bezeichnete die Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten vor dem Hintergrund der steigenden Anzahl antisemitischer Straftaten als „zwingend nötig“. In Berlin sind im vergangenen Jahr vom Staatsschutz 324 antisemitische Straftaten registriert worden. Das Dunkelfeld sei deutlich größer, vermutete Slowik. Die Zahlen der Polizei stehen im Kontrast zu den Zahlen von NGOs wie Reach Out und der „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin“ (Rias). Rias hat für 2018 insgesamt 1083 antisemitische Vorfälle erfasst. Der Staatsschutz gleiche seine Erkenntnisse regelmäßig mit Rias ab, betonte der stellvertretende Antisemitismusbeauftragte Ring gegenüberdere taz.

Vor fünf Jahren habe man noch gedacht „dieses Phänomen ist aus unserer Gesellschaft verschwunden“, sagte Innensenator Geisel am Dienstag. Das sei ein Irrtum. Eine Entgrenzung des Rechtsextremismus sei an der Tagesordnung, Diskriminierung erreiche die Mitte der Gesellschaft, der verborgene Antisemitismus „hebt jetzt sein Haupt“. Dazu komme ein importierter Antisemitismus.

Entsetzen ausgelöst

Die Tatsache, dass der Kriminaldirektor Pemp Antisemitismusbeauftragter geworden ist, hat nach Informationen der taz bei Teilen der Polizei Entsetzen ausgelöst. Pemp sei die absolute Fehlbesetzung auf einem so wichtigen Posten, die Berufung sei instinktlos, heißt es. Unter anderem wird Pemp ein autoritärer, empathieloser Führungsstil zugeschrieben. Der Leiter der Öffentlichkeitsabteilung der Polizei, Winfried Wenzel, hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Bestimmendes Kriterium für die Auswahlentscheidung sei die nachgewiesene Qualifikation im Bereich polizeilicher Staatsschutz, insbesondere Hasskriminalität, als auch in der Präventionsarbeit gewesen. Auch verfüge Pemp über eine ausgezeichnete Netzwerkkompetenz.

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