: Nazis blieben diesmal draußen
Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren gab es am Samstag kein Rudolf-Heß-Gedenken. Zu Gegendemos kamen trotzdem Hunderte
Hunderte Menschen haben an verschiedenen Orten in Berlin gegen ein Erinnern an den Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß demonstriert. Einen rechtsextremistischen Aufmarsch habe es am Samstag im Gegensatz zu den vergangenen Jahren jedoch nicht gegeben, teilte eine Polizeisprecherin mit. Bis zum Nachmittag sei keine Mobilisierung rechter Gruppen bekannt geworden .
Rund 300 Menschen versammelten sich nach Angaben eines Sprechers des Berliner Bündnisses gegen Rechts (BBgR) am Vormittag zu einer Kundgebung am Alexanderplatz. Dort rief der evangelische Landesbischof Markus Dröge laut Mitteilung dazu auf, Verantwortung für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft des Landes zu übernehmen. Seit Jahren werde versucht, eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ durchzusetzen. „Und inzwischen wird sogar der Versuch gemacht, die Erinnerung an die friedliche Revolution vor 30 Jahren um 180 Grad zu drehen“, warnte er demnach.
Zu einer Kundgebung am Bahnhof Lichtenberg kamen laut dem BBgR-Sprecher rund 100 Menschen, am Bahnhof Spandau versammelten sich rund 50 Personen. Dort hatten bereits am Freitagabend rund 50 Menschen demonstriert. Laut Polizei verlief alles „ruhig und störungsfrei“.
Zuvor waren in verschiedenen Stadtteilen zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen angemeldet worden. Das Netzwerk Berlin gegen Nazis hatte dies koordiniert, um bestimmte Plätze und Strecken, auf denen in früheren Jahren Neonazi-Demonstrationen stattfanden, vorsorglich zu besetzen, erklärte der BBgR-Sprecher.
Als sich abgezeichnet habe, dass es keine angemeldete Veranstaltung der rechtsextremen Szene geben werde, wurden die meisten der angemeldeten Veranstaltungen nach Polizeiangaben jedoch abgesagt.
„Wir sind erleichtert und froh, dass es dieses Jahr keinen Heß-Marsch gibt“, so der BBgR-Sprecher. Das Bündnis Berlin gegen Rechts wies aber darauf hin, dass die NPD in Berlin ein Sommerfest feiert.
Im Bezirk Spandau stand das frühere Gefängnis der alliierten Mächte im Zweiten Weltkrieg, in dem sich Heß am 17. August 1987 selbst tötete. Neonazis hatten rund um den 17. August immer wieder in Spandau demonstriert. Im August 2018 wichen etwa 600 Rechte unangekündigt von Spandau nach Friedrichshain aus, um dort aufzumarschieren.
Derzeit läuft vor dem Amtsgericht Tiergarten ein Prozess gegen eine 23-jährige Gegendemonstrantin, die sich damals vermummt und bei ihrer Festnahme widersetzt habe. Sie hatte sich zuvor im Rahmen einer kleinen Blockade den Nazis in den Weg gestellt. (dpa, taz)
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