piwik no script img

Kopf weg, Rumpf bleibt

Die niedersächsische Landesschulbehörde soll „zerschlagen“ werden, heißt es. Was aber ist wirklich dran?

Von Simone Schmollack

Es klingt nach politischer und adminis­trativer Komplettsanierung: „Kultusminister zerschlägt die zentrale Schulbehörde“. So und ähnlich lauten jedenfalls Presseberichte, nach denen Niedersachsens Kultusminister Grant Henrik Tonne (SPD) die niedersächsische Landesschulbehörde neu strukturieren will. Wird die Behörde aber tatsächlich zerschlagen?

Real passiert Folgendes: Tonne löst die Leitung der Landesschulbehörde in Lüneburg mit rund 50 Mitarbeiter*innen auf und holt die Verantwortung in sein Haus nach Hannover. Der bisherige Behördenleiter Ulrich Dempwolf wird ab- und ins Wissenschaftsministerium versetzt. Die vier Standorte der Landesschulbehörde, eine Art Bindeglied zwischen Ministerium und Schulen, in Lüneburg, Hannover, Braunschweig und Osnabrück, sollen bestehen bleiben. Warum also die Aufregung und verbale Zuspitzung? Dahinter verbirgt sich ein politischer Konflikt, der sich aus der Vergangenheit speist und bis in die Gegenwart reicht.

Ex-Schulbehördenleiter Dempwolf ist CDU-Mitglied und war wohl mit manchen bildungspolitischen Entscheidungen der Vorgängerregierung aus SPD und Grünen nicht einverstanden. Dempwolf reagierte auf Initiativen aus dem Hause der damaligen SPD-Ministerin Frauke Heiligenstadt offenbar häufig mit einer „eigenen Agenda“, wie es Julia Willie Hamburg, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im niedersächsischen Landtag formuliert. So wird Dempwolf nachgesagt, für ihn unliebsame Informationen des Ministeriums mitunter falsch oder nicht rechtzeitig an die Schulen weitergegeben zu haben. Das wiederum habe die Schulen verärgert. Der Unmut darüber, der der gesamten Landesschulbehörde zugeschrieben wird, dauert unter vielen Lehrkräften bis heute an.

Der Philologenverband begrüßt daher die Reform der Spitze und fordert „starke Landesämter“, sagt Verbandschef Horst Au­dritz. Den Grünen gehen Tonnes Ankündigungen nicht weit genug: Die angekündigte Neustrukturierung sei keine. „Die Chance für eine echte Reform wurde vertan“, sagt Bildungspolitikerin Hamburg: „Nur, weil die Leitung der Behörde gekappt wird, heißt das noch lange nicht, dass die Behörde an sich zerschlagen und für die Schulen und die Lehrkräfte jetzt alles besser wird.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen