pride in hamburg: „Konversions-therapien sind wirkungslos“
Diskussion „Konversionstherapien in der Diskussion“: 19 Uhr, Pride House, Rostocker Straße 7, Eintritt frei
Interview Katharina Gebauer
taz: Herr Deker, wie ist aktuell der Stand der Diskussion bezüglich eines Verbots von Konversionstherapien, also der Idee, Homosexuelle „zu heilen“?
Christian Deker: Es gibt die Ankündigung des Gesundheitsministers Jens Spahn, ein solches Gesetz einzubringen, das „Konversionstherapien“ verbieten soll. Wie dieses Gesetz dann konkret aussieht, wird sich zeigen.
Das heißt, in der Politik passiert etwas?
Das politische Signal ist sinnvoll und wichtig, damit klar ist, dass diese wissenschaftlich unsinnigen „Therapien“ verboten sind! Die Zahl der Betroffenen, die Anzeige erstatten, wird aber vermutlich gering sein. Menschen, die eine „Konversionstherapie“ durchleben, haben häufig keine Kraft, sich an eine behördliche Stelle zu wenden. Deshalb wird es wohl Symbolpolitik bleiben.
Wie kommen Betroffene zu einer Konversionstherapie?
Die „Therapien“ werden nicht öffentlich angeboten, sie stehen nicht im Telefonbuch. Die Angebote werden eher durch Mundpropaganda weitergegeben. Die Anbieter nutzen auch Formulierungstricks, wie die Umschreibung der „Therapien“ als „Gesprächsangebote“, die ergebnisoffen seien. Manchen Ärzt*innen oder Therapeut*innen sind solche Angebote bereits heute nicht erlaubt. Aus medizinischer Sicht verstoßen „Konversionstherapien“ schon jetzt gegen die Standesregeln.
Was kann eine Konversionstherapie bei den Betroffenen anrichten?
Es können etwa schwere Depressionen und Suizidgedanken auftreten, denn der Zustand, sich heterosexuell zu fühlen, wird nicht erreicht. Egal, welche Anstrengungen jemand unternimmt. Die „Therapie“ ist nicht nur völlig wirkungslos, sondern schadet den Betroffenen meist noch.
Braucht es wissenschaftliche Aufklärung, damit es keine Angebote mehr gibt?
Die Problematik auf der Anbieterseite ist sehr vielschichtig. Die religiöse Komponente ist die stärkste und am schwierigsten zu widerlegen. Da sind Menschen, die überzeugt sind, Homosexualität ändern zu können. Es prallen Welten aufeinander: Die religiöse Welt versus die naturwissenschaftliche Welt, die beide Anspruch auf die Wahrheit erheben. Wir leben aber in einer aufgeklärten Gesellschaft, in der nicht die Interpretation religiöser Schriften Maßstab für politische Entscheidungen sein sollte. Sondern wissenschaftliche Erkenntnisse.
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