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Ohne Forschung keine Erinnerung

Der Deutsche Museumsbund fordert mehr Geld, um Kulturgüter mit kolonialem Hintergrund zu erforschen. In deutschen Museen lagern noch viele unkatalogisiert

Von Lukas Scharfenberger

Der Deutsche Museumsbund (DMB) fordert mehr Geld für die Erforschung von Kulturgütern mit kolonialem Kontext. Dies sagte Eckart Köhne, der Präsident des DMB, am Montag auf einer Pressekonferenz im Bremer Übersee-Museum. Der DMB stellte dort die zweite Version des „Leitfadens zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ vor. Vor allem die Position zum Thema Rückgabe von Kulturgütern wurde präzisiert.

In deutschen Museen befinden sich heutzutage viele Kulturgüter, die noch aus der Kolonialzeit stammen und nicht katalogisiert sind. Für die Möglichkeit einer angemessenen Provenienzforschung – also einer Katalogisierung der Sammlung – brauche ein Museum sechs bis acht Mitarbeiter, sagt Köhne. Allerdings gebe es derzeit meistens nur einen.

Auch der Dialog mit den Herkunftsländern müsse ausgebaut werden. Es brauche eine zentrale Kontaktstelle für Vertreter*innen von Herkunftsländern und eine Onlineplattform, auf der sie sich über den Verbleib von kolonialen Kulturgütern informieren könnten. „Die Vertreter der Herkunftsgesellschaften möchten wissen, welche ihrer Kulturgüter sich wo befinden und Zugang zu diesen erhalten“, sagt Köhne. Dabei gehe es keineswegs nur um eine Rückgabe, sondern auch um eine gemeinsame Auseinandersetzung und eine Auflösung der Deutungshoheit der ehemaligen Kolonialmächte.

Das Geld für die Provenienzforschung und den Kontakt mit den Herkunftsländern empfindet DMB-Direktorin Wiebke Ahrndt als zu knapp. Sie rechne zwar mit mehr Geldern in den nächsten Jahren, fürchtet aber, dass diese Förderung nur so lange anhalte, wie das Thema Kolonialzeit eine breite Öffentlichkeit erfahre. Derzeit lässt das Bremer Übersee-Museum seine Provenienzforschung durch Drittmittel finanzieren.

Zuspruch aus der Politik gibt es allerdings reichlich: Im vergangenen Jahr hat die Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) der Provenienzforschung „höchste politische Priorität“ eingeräumt. Und im März haben die Kulturminister in einem Eckpunktepapier beschlossen, dass besonders Rückführungen zeitnah bewältigt werden müssten. Auch in Bremen kündigte die Sprecherin des Senators für Kultur im April an, dass die Erinnerungskultur einen eigenen Posten im Haushalt erhalten solle.

Zurzeit übernimmt das „Deutsche Zentrum Kulturgutverluste“ (DZK) die Förderung von Provenienzforschung und Vernetzung von Museen und Herkunftsländern. Das Zen­trum wurde vom Bund gegründet und untersucht seit 2018 auch Kulturgutverluste aus kolonialen Kontexten.

Ahrndt ist auch Leiterin einer Expertengruppe gewesen, die die erste Version des Leitfadens überarbeitet hat. Die Gruppe bestand aus Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Herkunftsländern wie Namibia und Tansania und aus Ländern wie den USA und Neuseeland, in denen die Diskussion um koloniales Kulturgut schon länger geführt wird.

Ahrndt kündigte an, dass bis 2020 die dritte und finale Version des Leitfadens erarbeitet werden solle. Bis dahin wolle man noch Erfahrungen aus der Praxis auswerten und besonders die Rückführung menschlicher Überreste thematisieren.

In der aktuellen Version habe ihre Gruppe sich vor allem mit der Rückgabe von Kulturgütern befasst. Ahrndt sagte, eine Rückgabe von Kulturgütern sei dann notwendig, wenn sie den Herkunftsländern unrechtmäßig entzogen wurde oder wenn der Gegenstand eine große kulturelle Bedeutung habe.

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