Nach der linken EU-Wahlschlappe: Zu wenige Frühstücksdirektoren

Der Linken-Bundesvorstand kann seine Analyse zur Europawahl nicht beschließen. Zur Sitzung kommt nicht einmal die Hälfte der Mitglieder.

Zwei Menschen stellen Plakatwand auf

Kein Alleinstellungsmerkmal: Die Linke im Europawahlkampf Foto: dpa

BERLIN taz | „Kurz und lustlos“ sei die Debatte gewesen, sagte Linken-Bundesvorstandsmitglied Thies Gleiss am Montag danach zu taz. Kurzfristig hatten die beiden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger für die Tagung des Bundesvorstandes am Wochenende einen Antrag eingebracht, der sich mit der Aufarbeitung der Europawahlen befasst. Doch dann fiel die Abstimmung aus, weil der Parteivorstand (PV) mangels Masse nicht beschlussfähig war.

Die Hälfte der 44 Vorstandsmitglieder muss bei einer Sitzung anwesend sein. Weil es nichts zu beschließen gab, fiel laut Gleiss auch die Diskussion weitgehend ins Wasser.

„Der Parteivorstand der Linken ist kein wirkliches politisches Führungsorgan, eher ein Frühstucksdirektor*innen-Treffen“, schrieb Gleiss anschließend in einem Bericht seiner Strömung „Antikapitalistische Linke“. „Er bemüht sich, harmonische Einheitsbeschlüsse zu fassen oder nur Arbeitsaufträge zu verteilen. Alle wichtigen Entscheidungen werden dem Vorstand mehr oder weniger von anderen Gremien in einer Weise vorgegeben, dass nicht viel mehr als Abnicken möglich (und auch erwünscht) ist.“

Wenn der Vorstand sich selbst nicht ernst nehme, dürfe es nicht verwundern, dass er „im Termin-Ranking der PV-Mitglieder immer mehr nach hinten gereicht“ werde. „Eine Reihe von PV-Mitgliedern hat allerdings eine so hohe Abwesenheitsrate, dass die Frage berechtigt ist, warum bei einer solchen Fülle von Konkurrenzaufgaben überhaupt zum PV kandidiert wurde“, schreibt Gleiss.

Der Antrag von Kipping und Riexinger zur Europawahl-Analyse orientiert auf einen breiten Konsens. Nachdem Kipping noch in der vergangenen Woche in einem eigenen Papier angedeutet hatte, zukünftig auf einen Pro-EU-Kurs zu setzen, umschifft der Antrag die in der Partei umstrittene Frage „Wie hältst du es mit der EU?“

Die Partei müsse ihre „Positionen weiterentwickeln“, ihr „europapolitisches Profil schärfen und den Gebrauchswert der Linken auf europäischer Ebene deutlicher und für die Menschen erfahrbarer machen“, heißt es dort vieldeutig. Bei der Wahl sei es nicht gelungen, „mit einem polarisierenden Thema ein Alleinstellungsmerkmal zu besetzen“. Bei der Europawahl Ende Mai hatte die Linke nur 5,5 Prozent geholt – fast 2 Prozentpunkte weniger als noch 2014.

Die nächste Bundesvorstandssitzung, auf der das Papier verabschiedet werden kann, steht am 1. September an – dem Tag, an dem Brandenburg und Sachsen wählen. Die Europawahlanalyse dürfte danach von eher geringem Interesse sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.