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Erzieherschüler brechen ab

Bis 2021 will Hamburg die Kita-Personalschlüssel verbessern und bildet mehr Fachkräfte aus. Schulsprecherin kritisiert die Bedingungen

Von Lukas Ziegler

In ganz Deutschland klagen Kitas über Personalmangel. Wie groß die Not auch in Hamburg ist, haben zuletzt Initiativen wie „Mehr Hände für Hamburgs Kitas“ mit rund 30.000 Unterschriften gezeigt. Die Initiative erreichte in einen Kompromiss mit dem Senat eine gesetzlich verankerte Verbesserung der Personalschlüssel. Um diese zu realisieren, braucht die Stadt allerdings mehr Fachkräfte. Die Politik versucht die Lücken zu füllen, indem sie die Kapazitäten an den beiden Erzieherfachschulen stark erhöhte.

„Hamburg sichert Fachkräftenachwuchs für Kitas“, ließen Sozialbehörde und Schulbehörde im Jahr 2017 verlauten. Der Hamburger Senat hatte einen 10-Punkte-Plan erarbeitet. Das erklärte Ziel: Mehr Personal ausbilden, damit der beschlossene Personalschlüssel realisierbar ist. Dieser soll bis zum Jahr 2021 in den Krippen für bis Dreijährige auf eins zu vier, im Elementarbereich für die Drei- bis Sechsjährigen soll ein Erzieher für zehn Kinder da sein. Dafür sollen jedes Jahr 500 neue Fachkräfte eingestellt werden.

„Wir öffnen das interessante sozialpädagogische Berufsfeld für weitere Gruppen“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD) damals über die Maßnahmen. Das Paket beinhaltete unter anderem die Verkürzung einiger Ausbildungsgänge und die Erweiterung der Zulassungsvoraussetzungen zur Ausbildung. So können seit dem Jahrgang 2017/2018 nun auch jene Schüler*innen, die nur erweiterten ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (ESA) haben, die Ausbildung zur Sozialpädagogischen Assistenz antreten. Für diese zweijährige Ausbildung, die das Arbeiten in einer Kita ermöglicht, brauchten Anfänger bisher einen mittleren Schulabschluss.

Angst vor Probehalbjahr

Auch für Abiturient*innen wird der Einstieg leichter. Sie müssen vor Antritt der Erzieherausbildung statt einem Jahr nun nur noch vier Monate Praktikum absolvieren. Auch die Finanzierung der Ausbildung, von jeher ein Problem, wurde verbessert, mit dem Zugang zu dem sogenannten „Aufstiegs-BAföG“, wie das ehemalige Bafög für angehende Meister heute heißt.

Doch an den Fachschulen gibt es Zweifel am Erfolg der Maßnahmen. „Seit die Zugangsbedingungen heruntergesetzt wurden, platzt unsere Schule aus allen Nähten“, sagt Wiebke Wunderlich, angehende Erzieherin und Schulsprecherin der staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik in Hamburg-Altona. Auch die neuen Ausbildungsgänge für Schüler*innen mit erweitertem ersten Schulabschluss bringen Probleme mit sich. Zu Beginn hätten sich viele der Auszubildenden bei ihr Rat geholt. Sie hätten Angst gehabt, schon im eigens für diese Ausbildungsgänge eingeführten Probesemester durchzufallen. Wunderlich ist der Ansicht, gerade diese häufig noch sehr jungen Auszubildenden würden nicht die Unterstützung bekommen, die sie bräuchten.

Auch die Schulbehörde räumt auf Anfrage der taz ein, dass die Schulen auf eine „bedauerlich hohe Zahl“ an Schüler*innen hinweisen, die das Probehalbjahr trotz Fördermöglichkeiten nicht bestehen. Es sei auch erforderlich, „mit Nachdruck“ daran weiterzuarbeiten, die Abbrecherquote zu senken. Statistisch valide Daten dazu liegen laut der Behörde noch nicht vor. Jedoch sei bereits absehbar, dass durch die vorhandenen Fördermaßnahmen die Zahl der erfolgreichen Absolvent*innen „signifikant“ wachse.

Die Schulbehörde hält die Erweiterung der Zulassungsmöglichkeiten weiterhin für „eine der wirkungsvollsten“ Methoden, um „den Fachkräftebedarf befriedigen zu können“. Sie bezeichnet diesen Weg gegenüber der taz als gute Strategie, um „hochmotivierte angehende Fachkräfte“ zu gewinnen. Dabei trage auch der Ausbau der Finanzierungsmöglichkeiten „ganz erheblich“ bei. Auch die Sozialbehörde zeigt sich auf Anfrage zuversichtlich und betont die Attraktivität des Erzieher*innenberufs.

Schulden nach Ausbildung

Schulsprecherin Wiebke Wunderlich hat einen anderen Eindruck. „Wie kann ein Beruf attraktiv sein, wenn man sich schon in der Ausbildung verschuldet und überarbeitet?“, fragt sie. Viele der Auszubildenden hätten Sorge wegen der hohen Schulden, die sie mit dem Aufstiegs-BAföG in Kauf nehmen. Denn Bezieher*innen der Fördermaßnahme bekommen 40 Prozent der Förderungen als Zuschuss, die restlichen 60 Prozent müssen aber in der Regel als Darlehen zurückgezahlt werden. Und wer nicht den Voraussetzung vom Aufstiegs-BAföG erfüllt, ist meist auf einen Nebenjob angewiesen.

Wunderlich sieht darin ein Problem. Zu Anfang ihrer Ausbildung habe sie oft zu hören bekommen, nur in die Schule zu gehen reiche nicht aus, und es sei wichtig, sich auch außerhalb der Lehranstalt mit den Themen zu befassen. „Das würde ich auch gerne, aber wie soll das gehen wenn ich neben der Ausbildung noch arbeiten muss?“, fragt die angehende Erzieherin. Für sie brauche es schon „hohe Motivation“ und die „Überzeugung von dem, was man tut“, um die Ausbildung zu überstehen.

Dennoch findet sie das Berufsfeld super. „Es gibt viele Felder, in denen man tätig sein kann“, sagt die junge Frau. Die bisherige Ausbildung habe sie persönlich „sehr zum positiven verändert“. Zudem seien natürlich die vielen freien Stellen ein Vorteil.

Die Hamburger Linksfraktion befasst sich mit dem Thema im Rahmen der Diskussionsveranstaltung „Erzieher_innen verzweifelt gesucht …“ am 18. Juni. Die Veranstaltung mit Experten startet um 18 Uhr im Stadtteilzentrum „Schorsch“ in St. Georg.

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