1. Mai in Berlin-Friedrichshain: So viel Inhalt wie selten
Die Revolutionäre 1.-Mai-Demo ist von Kreuzberg nach Friedrichshain umgezogen. Ihr Ziel, die Rigaer Straße, wurde ohne Zwischenfälle erreicht.
BERLIN taz | Mit dem Sonnenuntergang flogen am S-Bahnhof Warschauer Straße Flaschen, dazu gab es mehrere Festnahmen durch die Polizei. Am Ziel der Demonstration verstreuten sich die TeilnehmerInnen nicht unmittelbar und die Einsatzhundertschaften gingen wiederholt für einzelne Zugriffe in die Menge. Bis dahin jedoch war die Revolutionäre 1.-Mai-Demo entspannt und friedlich verlaufen.
Nach Jahren, in denen die traditionelle Demonstration inmitten des Kreuzberger MyFestes zunehmend vergeblich um Aufmerksamkeit kämpfte, haben die Organisatoren diesmal den Ausweg nach Friedrichshain gesucht. Weg vom Party- und Touristenpublikum, hinein in den linksradikalen Szenekiez – oder dem, was davon übrig ist.
Wer sich am Wismarplatz, dem Startpunkt der Demo, umschaute, sah kaum Zufallsgäste, sondern überzeugte TeilnehmerInnen der Revolutionären Demo. Viele von ihnen hörten aufmerksam den Reden vom Lautsprecherwagen zu – so viel Inhalt hatte es in den vergangenen Jahren am Oranienplatz nicht mehr gegeben. Türkische Gefangene und PKK, deutsche Waffenexporte, Freiheit im anarchistischen Sinne, Kämpfe gegen Verdrängung in Friedrichshain und darüber hinaus – die Themenpalette der Reden war breit.
Wie schon in den Vorjahren wurde die Demo im Vorfeld zwar angekündigt, bei der Versammlungsbehörde jedoch nicht angemeldet. Vor Ort, auf der angemeldeten Kundgebung am Wismarplatz, suchte die Polizei per Lautsprecher nach einem Demoanmelder – erfolglos. „Ganz Berlin hasst die Polizei“, schallte es ihnen entgegen.
Zunehmend angespannt warteten Tausende Menschen auf den Start der Demo unter dem Motto „Gegen die Stadt der Reichen“. Um 19.10 Uhr gab ein Feuerwerk vom Dach den Startschuss. Wie angekündigt, hinderten die Beamten die Demo dann dennoch nicht am Loslaufen. Ein schwarzer Block führte das Ganze an, „Antikapitalista“-Rufe erschallten.
Gegen 20 Uhr erreichte der Demonstrationszug begleitet von einem Großaufgebot der Polizei die Rigaer Straße. Ohne größere Zwischenfälle, mit gelegentlichen pyrotechnischen Grüßen aus umliegenden Häusern, wurde der Kernkiez der linksradikalen Szene durchquert. Auf dem weiteren Weg Richtung S-Bahnhof Warschauer Straße, dem angekündigten Endpunkt, kam es zu kleineren Rangeleien mit der Polizei.
Insgesamt verlief die Demonstration friedlich. Die Polizei sprach von 5.000 TeilnehmerInnen, das aufrufende Bündnis von mehr als 10.000. Als die Demospitze den S-Bahnhof erreichte, befand sich das Ende des Zuges noch immer auf Höhe des Bersarinplatzes.
Dieser Beitrag wurde zuletzt am 1.5., um 21.25 Uhr aktualisiert.
Leser*innenkommentare
sachmah
Nicht angemeldet? Würde ich nicht durchgehen lassen. Diesen Minimalbeitrag zur Konformität kann man doch wohl erwarten.
Age Krüger
@sachmah Wie man revoluzzt
und Lampen putzt?
88181 (Profil gelöscht)
Gast
Das ist ja alles ganz erfreulich und wenn man sich die Demo im Live-Stream anschaut, kommt man wohl eher auf zehntausend Demonstrantinnen und Demonstranten als weniger.
Was ich mir von der Redakteurin auf dem Balkon während des Streams gewünscht hätte, wäre etwa eine Einordnung der vorbeidemonstrierenden Antisemiten von F.O.R. Palastine und BDS gewesen. Deren Anwesenheit hat in den letzten Jahren immer wieder zu Diskussionen geführt, zumal aus dem Umfeld dieser Gruppen Attacken auf Demonstranten mit Israelfahnen oder Anti-BDS-Transparenten geführt hat. Der Jugendwiderstand verstand sich da als Prügelabteilung dieser Gruppen.
Ok, die haben nun ihre eigene stumpfe Demo abgehalten. Bzw. abmarschiert.
Jedenfalls würde ich mir wünschen, man würde diese Leute aus der Demo werfen.
Aber das hat wohl keine Priorität.
PPaul
@88181 (Profil gelöscht) Von meinem Balkon aus gesehen waren es auch eher 10000. Und ganz vorn die "Maoisten" aka Jugendwiderstand. Was diese rechtsextreme Prügeltruppe in der Demo verloren hat, erschließt sich mir nicht.
Ansgar Reb
Wrd immer weniger. Die Message kam dieses Jahr auch gar nicht durch. Sogar Gegendemonstrationen gegen Rechte anderswo machten mehr Buzz.