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Weniger Kohle, mehr Zoff

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) fehlen ein paar Milliarden zusätzlich in seinem Haushalt. Lieblingsprojekte der Koalitionäre werden schwieriger. Die Steuereinnahmen fallen bis 2023 um insgesamt 124 Milliarden Euro geringer aus, sagen die Schätzer

Das Geld wird knapper: Finanzminister Scholz übt schon mal, streng zu gucken Foto: Fabrizio Bensch/reuters

Aus Berlin Hannes Koch

Über den „Ausstieg aus der Kohle“ wurde im Bundesfinanzministerium schon vor geraumer Zeit gespaßt. Damit war nicht der Abschied vom Energierohstoff gemeint, sondern von stark steigenden Steuereinnahmen. Diese bescherten der großen Koalition in den vergangenen Jahren ein recht angenehmes Leben, womit es nach der neuen Steuerschätzung vom Donnerstag erst mal vorbei ist. Die Zielkonflikte zwischen Union und SPD werden heftiger.

Die Einnahmen sollen zwischen 2019 und 2023 zwar weiter zunehmen, aber viel langsamer als noch im vergangenen Jahr errechnet. Im Vergleich zur Steuerschätzung vom Oktober 2018 werden Bund, Länder und Gemeinden 124 Milliarden Euro weniger zur Verfügung haben. Der Bund muss wohl auf etwa 70 Milliarden verzichten.

Der Grund für diese Entwicklung liegt im schwächeren Wirtschaftswachstum unter anderem wegen des Brexit und der internationalen Handelskonflikte. So nimmt die bundesdeutsche Wirtschaftsleistung 2019 wohl nur leicht zu. Die Regierung rechnet mit 0,5 Prozent. Das heißt: Die Einkommen und Gewinne steigen langsamer, mithin auch die Steuern.

Einen Teil des zu erwartenden Minus plante Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in den Haushaltseckwerten bis 2023 bereits ein. Jetzt kommen allerdings neue Fehlbeträge hinzu. 2020 fehlen im Bundeshaushalt demnach 1,6 Milliarden Euro zusätzlich, während der folgenden drei Jahre jeweils rund 3 Mil­liarden.

Es stellt sich die Frage, wie Scholz diese Lücke schließen kann. Eine Möglichkeit ist eine sogenannte globale Minderausgabe – alle Ressorts müssten dann kleinere Beträge in ihren Etats streichen. Dem sind jedoch Grenzen gesetzt: Bereits jetzt steht in der Haushaltsplanung ein Sparbetrag von gut 4 Milliar­den Euro. Die zweite Variante wäre, die sogenannte Flüchtlingsrücklage schneller aufzulösen. Das sind Mittel, die der Bund einplante, aber nicht verbrauchte.

Die weitere Debatte dreht sich darum, welche Ausgaben in den kommenden Jahren nötig, wünschenswert und finanzierbar sind. Eng wird es für Lieblingsprojekte beider Seiten. CDU-Haushaltssprecher Eckhardt Rehberg erklärte schon mal, dass die aufgebesserte Grundrente für Niedrigverdiener, die die SPD möchte, keine Chancen habe. Gleichzeitig sprach er sich dagegen aus, den Solidaritätsbeitrag für die obersten Einkommensgruppen abzuschaffen.

Dass die Regierung Probleme bekommt, ihre Zusagen einzuhalten, ist absehbar

Diese Steuersenkung will der Wirtschaftsflügel der Union durchsetzen. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) plädierten für niedrigere Firmensteuern. Motto: Lässt das Wachstum nach, muss man der Wirtschaft helfen.

Dass die Regierung nun mehr Probleme bekommt, ihre Zusagen einzuhalten, ist absehbar. Die Militärausgaben im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung bis 2024 auf 1,5 Prozent anzuheben dürfte schwer werden. Und der Anteil der Zukunftsinvestitionen am Bundeshaushalt soll laut Planung sinken.

Den Spielraum jedoch zu vergrößern, indem sie neue Schulden aufnehmen, schließen die maßgeblichen FinanzpolitikerInnen der Koalition aus. Scholz plant mit null Kreditaufnahme für die kommenden fünf Jahre. Möglich wäre eine begrenzte Neuverschuldung allerdings – sie dürfte rund 10 Milliarden Euro pro Jahr betragen.

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