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Vom „Kalifat“ zum Terror­netzwerk

Den Kalifen-Titel beansprucht er weiter für sich, doch dass sein „Kalifat“ Geschichte ist, räumt Abu Bakr al-Baghdadi ein: Gleich zu Beginn des neuen Videos, das seine Anhänger diese Woche verbreiteten, erwähnt der IS-Chef das syrische Baghus, in dem die Terrormiliz, die zeitweise große Teile des Iraks und Syriens beherrschte, ihre jüngste Niederlage erlitt. Aufgeben aber will Baghdadi nicht: „Die Schlacht des Islam und seiner Leute ist eine lange Schlacht“, redet er seinen Anhängern Mut zu.

Der Terror geht weiter – das ist die Botschaft Baghdadis, der sich mit dem Video erstmals seit fünf Jahren wieder gezeigt hat. Für IS-Anhänger sei das Lebenszeichen ihres Chefs eine wichtige Botschaft, ist Peter Neumann vom King’s College in London überzeugt. Der IS stecke in einer „Legitimationskrise“, nachdem er die territoriale Kontrolle verloren habe, die einst seine große Anziehungskraft ausmachte. „Auch die Anhänger fragen sich, ob es ihn noch gibt“, sagt Neumann der taz. Nun wandele sich der IS zu einem transnationalen Terrornetzwerk.

Die Bundesregierung teilt diese Einschätzung: Der IS sei großflächig besiegt, aber nicht vollständig verschwunden, sagte auch Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag nach einem Treffen mit dem irakischen Regierungschef Adel Abdul Mahdi. Und auch Mahdi erklärte, der IS habe „schmerzhafte Schläge“ erlitten, sei aber eine „breit gefächerte“ Organisation und werde versuchen, weitere Anschläge wie jene in Sri Lanka zu begehen. Die Angriffe am Ostersonntag hatte der IS für sich reklamiert. Auch Baghdadi erwähnte Sri Lanka noch einmal ausdrücklich.

Unterdessen meldete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu, dass Sicherheitskräfte in der Türkei allein im April 135 mutmaßliche IS-Mitglieder festgenommen hätten. Erst am Montag hatten Polizisten bei Razzien 22 IS-Kämpfer festgenommen. 17 der Männer stammten aus dem Irak, die restlichen aus Syrien.

Auch deutsche IS-Anhänger stellen ein ungelöstes Problem dar. Im kurdisch kontrollierten Nordosten Syriens sitzen Dutzende in Gefangenenlagern. Die Bundesregierung müsste ihnen die Rückkehr ermöglichen, zögert aber, da längst nicht alle juristisch belangt werden können, ohne rechtsstaatliche Standards aufzugeben. Bis auf Weiteres überlässt man sie den Kurden. Jannis Hagmann

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