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DFB will Integration neu denken

Der DFB will wegen Vorfällen wie dem „Erdoğan-Gate“ und rassistischer Pöbeleien sein Integrations­-konzept überarbeiten. Am Freitag startete dazu in Hamburg die Veranstaltungsreihe Integration im Dialog

Von Lukas Ziegler

Der DFB will sein Integrationskonzept überarbeiten – das stammt nämlich noch aus dem Jahr 2008. Hierfür startete am Freitag im Millerntor-Stadion in Hamburg die Veranstaltungsreihe Integration im Dialog. Anlässe für ein Nachdenken darüber, was der Deutsche Fußballbund in Sachen Integration tun kann, gibt es genügend: etwa die als „Erdoğan-Gate“ bekannt gewordene Debatte um den Rücktritt des früheren Nationalspielers Mesut Özil.

In der darauf folgenden Diskussion hatte die frühere Inte­grationsbeauftragte des DFB, Gül Keskinler, kritisiert, der Verband verstehe Integration mehr als PR-Arbeit denn als interkulturelle Öffnung. Dass Handlungsbedarf besteht, zeigt sich auch in den Stadien: Im März wurde beim Länderspiel Deutschland-Serbien der Spieler Leroy Sané rassistisch beleidigt.

Neuer Integrationsbeauftragter des DFB und Schirmherr der Veranstaltungsreihe ist der frühere Fußballnationalspieler Cacau. „Wir wollen in einem offenen, kritischen und fachlichen Austausch mit der Fußballbasis die Herausforderungen und Chancen der Integration besprechen“, sagt er. Auch einige andere prominente Gäste haben den Weg nach Hamburg gefunden. So eröffnet Ewald Lienen, technischer Direktor des FC St. Pauli und somit eine Art Hausherr, die Veranstaltung.

Lienen appelliert an den Fußball, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, die anderen Redner, der Präsident des Hamburger Fußball-Verbandes Dirk Fischer und DFB-Vize Eugen Gehlenborg betonen vor allem die Rolle der Vereine für die Integration. Gehlenborg verweist darauf, dass dabei ein langer Atem gefragt sei: „Der Integrationserfolg von Sportvereinen basiert nicht nur darauf, dass sie sich temporär für Flüchtlinge engagieren, sondern per se als Plattform perfekte Voraussetzungen für das Zusammenführen von Menschen bieten.“

Um die angekündigte Zusammenarbeit mit der Basis anzustoßen, sind rund 80 Vertreter*innen von Vereinen, Stiftungen und Landesverbänden aus Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern eingeladen worden, um Ideen oder Kritik am aktuellen Konzept einzubringen.

Als Hürden für die Integration nennen die Teilnehmer*innen mangelnde Qualifizierung und Ressourcen. Auch die Politik wird in die Verantwortung genommen, der DFB allerdings kaum. Immerhin, an einem Arbeitsgruppen-Tisch ist man am Ende ein wenig selbstkritisch. „Umdenken im Kopf“ steht auf der vorbereiteten Flipchart.

Schirmherr Cacau äußert sich nach der ersten Arbeitsphase ähnlich. „Jeder muss bei sich selber anfangen“, sagt er, „die Verbände müssen die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.“ Man habe allerdings eine schwere Aufgabe vor sich, die man nur gemeinsam bewältigen könne.

Auch Gastgeber Lienen wendet sich an die Gemeinschaft. Das neue Konzept sei nur ein erster Schritt. Um es umzusetzen, brauche es vor allem Fachpersonal. Und Wertschätzung für die Arbeit: „Die Politik muss verstehen: Das Ehrenamt ist die Schule der Nation.“

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