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Lese-Helfer auf Bewährung

Schleswig-Holsteins Jamaika-Regierung will Schulassistenzen evaluieren. SPD macht sich Sorgen

CDU und FDP kritisierten, die Assistenzen seien per Gießkanne verteilt worden

Von Esther Geißlinger

Sie helfen Kindern beim Lesenlernen, erklären Mathe-Schwächlingen, wie Bruchrechnung funktioniert, oder begleiten Ausflüge. Seit 2016 gibt es SchulassistentInnen an Schleswig-Holsteins Grundschulen. Die damals von der SPD geführte Regierung hatte die Hilfskräfte bewilligt, parallel dazu wurde eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Nun endet die Frist der Evaluation – und SPD-Bildungsexperte Martin Habersaat fürchtet um die Zukunft der Assistenzkräfte.

„Erst im Sommer will sich die Koalition zur Weiterent- oder Abwicklung der schulischen Assistenz äußern“, sagte Habersaat der Nachrichtenagentur dpa. „Aber ein Aus darf keine Option sein.“ Er forderte eher eine Ausweitung oder eine „Verzahnung“ mit der Schulbegleitung, also den Personen, die sich um Kinder mit Behinderung kümmern. Denn die Idee für die Schulassistenz entstand unter anderem durch einen Richterspruch, der vom Land mehr Einsatz und Geld für inklusiven Unterricht verlangte.

Ob die Schulassistenz dabei wirklich hilft, war bereits 2016 umstritten. Der Behindertenbeauftragte des Landtags, Ulrich Hase, warnte davor, dass die Kommunen mit dem Hinweis auf die Schulassistenz eher Begleitungsstunden streichen könnten. CDU und FDP kritisierten damals, die Assistenzen seien „nach dem Gießkannenprinzip“ an die Schulen verteilt worden.

Eben um diese Fragen zu klären, sei die Evaluation von Anfang an vereinbart gewesen, sagt Bildungsministerin Karin Prien (CDU) auf taz-Anfrage. Sie könne daher Habersaats Vorstoß nicht verstehen.

Aktuell arbeiten landesweit 703 Schulassistenzkräfte, davon haben 343 grundsätzlich unbefristete Verträge beim Land. Die andere Hälfte ist bei den Schul­trägern angestellt; dafür können die Kommunen oder freien Träger Fördermittel beim Land beantragen. Die nötigen Mittel sind bis 2021 im Haushalt eingeplant – ein unmittelbares Aus der Assistenzkräfte ist demnach nicht geplant.

Es gehe aber um den „bestmöglichen Ressourceneinsatz“, sagt Anita Klahn (FDP). Denn in den Klassenzimmern tummeln sich bereits jede Menge Erwachsene: Regel- und SonderpädagogInnen, SchulbegleiterInnen, SozialarbeiterInnen und PsychologInnen.

An welchen Stellen also sind die Assistenzkräfte sinnvoll, wo braucht es mehr von ihnen, wo sind andere Mittel sinnvoller? Bildungsministerin Prien kann sich eine „Weiterentwicklung der schulischen Assistenz“ auf Basis der Daten aus der Evaluation vorstellen. Auch der ­SPDler Martin Habersaat zeigte sich grundsätzlich offen für eine Überprüfung.

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