Neuer Ärger um alte Anlage

Eine Halle auf dem Holsten-Areal ist älter als gedacht. Das deckte ein Experte auf. Womöglich muss das Gebäude erhalten und Baupläne geändert werden

Ist von 1911, nicht aus den 1950ern : die Schwankhalle auf dem Holsten- Gelände Foto: Miguel Ferraz

Von Jana Eggemann

Eigentlich ist die Kulturbehörde dafür zuständig, schutzwürdige Gebäude in Hamburg zu erhalten. Vorausgesetzt, sie erkennt den Wert eines Bauwerks. Das ist bei der Schwankhalle auf dem ehemaligen Gelände der Holsten-Brauerei in Altona wohl nicht passiert. Die Behörden prüfen derzeit, ob das Gebäude doch erhalten bleiben muss. Das könnte zum Problem für die Investoren werden: Die hatten geplant, die Halle abzureißen und einen Neubau zu errichten.

Der Fehler entstand schon 2013, als das Baujahr der Halle auf Ende der 1950er-Jahre geschätzt wurde. Augenscheinlich eine Fehlentscheidung: Die Halle, in der früher Bierfässer befüllt und auf Pferdewagen verladen wurden, ist viel älter. „Von außen sieht der Bau aus wie aus den 1950ern, ist aber eigentlich von 1911“, sagt Sven Bardua, Autor des „Hamburger Ingenieurbauführers“, einer Schriftenreihe des Architekturarchivs. Bardua hatte den Irrtum des Denkmalschutzamts Ende vergangenen Jahres in einem Fachartikel aufgedeckt.

Bardua kritisiert die Behörde. Für ihn ist das Denkmalschutzamt „quantitativ und qualitativ überfordert“.

Die verteidigt sich nun: Die Schwankhalle könne leicht mit Nachkriegsbauten verwechselt werden. „Wie die meisten historischen Bauten auf dem Holsten-Areal ist auch die Schwankhalle wiederholt umgebaut worden“, heißt es von der Kulturbehörde. „Aus der Bauzeit erhalten ist lediglich die Stahlbetonkonstruktion.“ Das Denkmalschutzamt hatte deshalb bei der Prüfung beschlossen, dass die Halle „weder gesamt noch in Teilen als Denkmal bewertet wird“.

Bardua bestätigt die Verwechslungsgefahr: „Generell ist so ein Eisenbetonbau vor dem ersten Weltkrieg ungewöhnlich.“ Eisenbeton lege die Datierung auf die Nachkriegszeit nahe. Anfang des 20. Jahrhunderts seien eher andere Materialien genutzt worden. Gerade deshalb ist die Schwankhalle für ihn aber so besonders. „Das ist ein schöner und wichtiger Bau“.

Er hofft, dass die Halle nun stehenbleibt. Und tatsächlich: „Eine Erhaltungsperspektive der Schwankhalle wird derzeit geprüft“, so die Kulturbehörde.

Eigentlich hätte auch die Schwankhalle für ein groß angelegtes Bauprojekt auf dem Gelände weichen sollen. Bis zu 1.500 Wohnungen sollen entstehen. Investitionsvolumen: rund 950 Millionen Euro.

86.500 Quadratmeter misst das ehemalige Gelände der Holsten-Brauerei in Altona.

Insgesamt 1.500 Wohnungen sollen auf dem Areal im Drittelmix entstehen, also öffentlich geförderte, frei finanzierte und Eigentumswohnungen.

Rund ein Viertel des Areals soll für Gewerbe, Einzelhandel, Hotel und Restaurants genutzt werden.

3.300 Menschen sollen hier leben.

Eine Änderung des Bauplans dürfte dem Investor nicht schmecken. „Das Ding steht ihm im Weg“, schätzt auch Bardua. Eigentümerin des Areals ist die SSN Group. Die antwortete auf taz-Anfrage: „Zur Frage von Ursprung und Originalität der Schwankhalle sowie zu Möglichkeiten, diese zu erhalten, steht die Grundstückseigentümerin im Dialog mit der Stadt.“

Es ist nicht der einzige Ärger um das Holsten-Areal: Seit dem Verkauf vor drei Jahren gab es mehrere Investorenwechsel und Chaos im Zeitplan. Erst Ende des Jahres wurde das Holsten-Areal bereits zum dritten Mal verkauft.

Auch die SSN Group wurde als Eigentümerin mittlerweile zu 93 Prozent an die Berliner Consus Real Estate AG verkauft. Die Consus AG wiederum gehört zu 70 Prozent der CG Gruppe. Das Holsten-Areal ist nicht das einzige Projekt der Investorengruppen. Insgesamt stecken etwa 1,7 Milliarden Euro in verschiedenen Bauprojekten in Hamburg.