Freie Fahrt nur noch für Bobby-Cars

Drei verkehrsberuhigte oder ganz autofreie Quartiere sollen in Ottensen und in der Innenstadt entstehen – zwei davon aber zunächst nur als Modellversuche auf Probe

Drei Quartiere in Hamburg sollen demnächst autofrei oder zumindest verkehrsberuhigt werden:

Ottensen: Rund um den Spritzenplatz sollen die Ottenser Hauptstraße (bis Mottenburger Straße) und die Bahrenfelder Straße (bis Alma-Wartenberg-Platz) autofrei werden. Auch weite Teile von Rothe- und Nöltingstraße, Große und Kleine Rainstraße, Stangestraße und Am Felde sollen wahrscheinlich gesperrt werden.

Rathausquartier: Das Areal südöstlich des Rathauses zwischen Großer Johannisstraße, Domstraße und Nikolaifleet soll autofrei werden. Das betrifft acht Straßen: Börsenbrücke, Dornbusch, Große Bäckerstraße, Kleine Johannisstraße, Neue Burg, Neß, Schauenburgerstraße und Trostbrücke.

Binnenalster: Stark verkehrsberuhigt werden sollen Ballindamm und Bergstaße sowie Jungfernstieg und Neuer Jungfernstieg.

Von Sven-Michael Veit

Die Bagger rollen im August an. „Nach den Sommerferien“ soll die Verkehrsberuhigung an der Binnenalster beginnen, kündigte Michael Osterburg, Fraktionschef der Grünen in der Bezirksversammlung Mitte, am Freitag im Gespräch mit der taz an. Dann werde als Erstes der Ballindamm am Südufer des Sees verkehrsberuhigt. Die Bergstraße, der Jungfernstieg und der Neue Jungfernstieg sollen im kommenden Jahr folgen. „Die Binnenalster wird als Erlebnisort deutlich aufgewertet“, glaubt Osterburg.

Der vierspurige Ballindamm mit Grünstreifen in der Mitte wird auf zwei Spuren an der Häuserseite zurückgebaut. „Die Parkhäuser müssen erreichbar bleiben“, sagt Osterburg, aber der Durchgangsverkehr solle weg. Auf der Wasserseite werden die bisherigen Fahrspuren zu Radwegen, der Fußweg wird zu einer breiten Promenade aufgewertet, die Stellplätze entfallen.

Auch der Neue Jungfernstieg vor dem Hotel Vier Jahreszeiten ist überplant worden. Er soll im nächsten Jahr im gleichen Stil eine Uferpromenade bekommen und neue Radwege auf der Straße, der Blick aufs Wasser soll freier werden, ebenso soll beim Jungfernstieg verfahren werden. Außerdem sollen reichlich Bäume neu gepflanzt werden, um den ursprünglichen Alleecharakter wieder herzustellen. „Der Radverkehr gehört auf die Fahrbahn und der Autoverkehr um die Binnenalster muss reduziert werden“, sagt Osterburg. Die Fehler, die bei der Neugestaltung des Jungfernstiegs vor 13 Jahren gemacht wurden, müssten jetzt revidiert werden.

Ganz in der Nähe soll zudem noch in diesem Sommer die Einrichtung einer Fußgängerzone geprobt werden. Acht Straßen des Rathausquartiers in der Altstadt sollen von Juni bis September zwischen 11 und 23 Uhr autofrei werden. In diesem Gebiet gibt es heute viele Geschäfte, Restaurants, Cafés und Büros, Wohnungen gibt es hingegen nur noch vereinzelt.

Ziel der Maßnahme der rot-grünen Koalition im Bezirk Mitte ist es, die abends und nachts weitgehend verwaiste Innenstadt wiederzubeleben. Unterstützung aus dem Quartier ist reichlich vorhanden. Bei einer Umfrage im Herbst vorigen Jahres sprachen sich fast 60 Prozent der Grundeigentümer, Mieter und Pächter für das Experiment aus, unter den Gastronomen lag die Zustimmung sogar bei 87 Prozent.

Begleitet wird der Modellversuch von der Technischen Universität Harburg. Sie wird das Projekt in einer wissenschaftlichen Untersuchung evaluieren – in der Hoffnung, so Osterburg, „dass es zu einer ständigen Einrichtung wird“. Zurzeit wird das Konzept von der Innen- und der Verkehrsbehörde geprüft, so Bezirks­amtssprecherin Sorina Weiland. Wenn vermutlich Anfang Mai deren fachliche Bewertungen vorlägen, könnte die Umsetzung zum Juni beginnen.

Einen ähnlichen Ansatz hat die Bezirksversammlung Altona am Donnerstagabend beschlossen. Mindestens zwei, wahrscheinlich sogar acht Straßen sollen ab September für ein halbes Jahr für Autos gesperrt werden, auch AnwohnerInnen dürfen dann nicht mehr vor dem Haus auf der Straße parken. Sie müssen in Parkhäuser ausweichen. Das beschlossen CDU und Grüne in der Bezirksversammlung mit Unterstützung von Linken und FDP, die SPD enthielt sich, nur die AfD ist gegen die Maßnahme.

Damit würde die Fußgängerzone in der verkehrsberuhigten Ottenser Hauptstraße vor dem Mercado vom Bahnhof Altona bis zum Spritzenplatz in drei Richtungen erweitert – auf Probe.

Während der Sperrung könnten, so der Beschluss, Dinge, die sich nicht bewähren, noch geändert werden. Zumindest für die Abgeordneten von der CDU ist es aber auch denkbar, dass das Modellvorhaben wieder abgebrochen wird: „Wenn es eine Katastrophe wird, beenden wir das vorzeitig.“