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Preis für Bremer IntegrationsprojektEine Stimme für Adnan und Nufay

Das Bremer Zentrum für Migranten und interkulturelle Studien wurde bundesweit für sein Projekt „Alt ist nicht gleich alt“ ausgezeichnet.

Integration in einem Frankfurter Altenheim: Burhan Akgül (rechts) hat türkische Wurzeln Foto: dpa

Bremen taz | Für sein Projekt „Alt ist nicht gleich alt“ ist das Zentrum für Migranten und Interkulturelle Studien (ZIS) mit einem bundesweiten Preis in Berlin ausgezeichnet worden. In der Kategorie Bildung und Kultur belegte das in Gröpelingen ansässige ZIS den zweiten Platz und konnte sich gegen 660 andere Projekte durchsetzen. „Wir sind sehr stolz, dass unsere Arbeit mit diesem Preis gewürdigt wird“, sagt Ali Eliş, Vorsitzender des ZIS.

Mit „Alt ist nicht gleich alt“ fördert das ZIS die Integration älterer Migrant*innen durch Aktivitäten wie Malkurse, Nähgruppen, Theaterworkshops oder den Aufbau des „Virtuellen Museums der Migration“. Dort wird die Geschichte der Arbeitsmi­gra­tion durch Videodokumentationen oder persönliche Dinge erzählt, die die Menschen aus ihrer Heimat mitbrachten – so wie den Reisekoffer von Hayriye Tekek, mit dem er von Istanbul-Sirkeci nach München reiste oder den Maşallah-Anhänger von Ahmet Terkivatan. „Maşallah“ ist Arabisch und bedeutet „Gott beschütze dich“.

Das Herzstück des Museums sind 50 Biografien von Ar­beits­migrant*innen, je zur Hälfte von Männern und Frauen. Der Biologe Volkan Eliş begann vor vier Jahren mit der Biografieforschung. „Im Laufe der Gespräche fanden wir heraus, dass es innerhalb der Familien keinen Austausch gab; die Kinder oder Enkel kannten die Geschichte ihrer Eltern oder Großeltern nicht“, sagt er.

Daher kam er auf die Idee eines virtuellen Museums, das für jeden zugänglich sein sollte. „Es war uns wichtig, dass nicht nur die Geschichte von Männern erzählt wird. Es gab schließlich auch viele Gastarbeiterinnen, deren Migrationserfahrungen weniger bekannt sind“, sagt Eliş – etwa die Geschichte von ­Özdal Dinçel.

Istanbul-München-Bremen

Sie beschloss 1964, nach Deutschland zu gehen, nachdem sie sich von ihrem Mann getrennt hatte und weil das Verhältnis zu ihrer Familie stark zerrüttet war. Während ihrer Ehe wurde sie schwanger. Doch ihre Familie wollte und konnte ihre Tochter nicht akzeptieren. Dinçel war gezwungen, ihre Tochter bei ihrem Ex-Mann zu lassen. „Ich beschloss, Istanbul zu verlassen, denn zu dieser Zeit war es sehr schwierig, als geschiedene Frau alleine zu leben“, heißt es in ihrer Biografie. Damals war sie 26 Jahre alt.

Die gelernte Schneiderin fand durch einen Bekannten einen Arbeitsplatz. Von Istanbul aus reiste sie mit dem Zug über München nach Bremen, wo sie am Hauptbahnhof von einem Angestellten der Firma abgeholt wurde. Sie arbeitete bei der Firma Ewald Willy, fertigte Blusen, bekam aber wenig Geld.

Um ihren Verdienst aufzubessern, arbeitete Dinçel noch zusätzlich. Sie lieh sich von einem Bekannten Geld, kaufte damit eine Nähmaschine und arbeitete von zu Hause aus. Weil es so gut lief, wechselte sie den Arbeitgeber. Dort wurde ihr eine Stelle als Vorarbeiterin angeboten, doch Özdal Dinçel lehnte ab. Ihre Deutschkenntnisse waren zu schlecht.

Nachfolgeprojekt beantragt

Sie heiratete 1978, bekam zwei Kinder. Ein Jahr später eröffnete sie ihre eigene Boutique mit sieben Angestellten. 1990 scheiterte die Ehe. „Mein Mann forderte aufgrund meines erfolgreichen Geschäftes einen hohen Unterhalt von mir“, erzählt sie. Ich wollte ihm nichts zahlen, weswegen ich meinen Laden aufgab und mich wieder der Tätigkeit, die ich von zu Hause ausführen konnte, widmete.“

Im Mai läuft das vom Bundesinnenministerium geförderte Projekt nach drei Jahren aus. Doch die Kurse und Werkstätten sollen durch die Arbeit der Freiwilligen fortgesetzt werden. Für das Museum beantragt das ZIS ein Nachfolgeprojekt.

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