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Regierung gibt auf

Fünf Wochen vor der Wahl wirft Finnlands Ministerpräsident Juha Sipilä das Handtuch, weil er seineGesundheitsreform nicht durchsetzen konnte

Von Reinhard Wolff, Stockholm

„Ich bin ein Mann mit Prinzipien“, verkündete Finnlands Ministerpräsident Juha Sipilä am Freitagvormittag auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz: „Diese Reform war für mich zentral und ich habe versprochen: Entweder es gibt ein Resultat oder ich gehe.“ Das Resultat gebe es nicht, weshalb er gehe.

Womit Sipilä eine Tradition fortsetzte: Seit 2003 war kein finnischer Regierungschef eine ganze Legislaturperiode im Amt geblieben. Diesmal war es allerdings recht knapp: Am 14. April findet die Parlamentswahl statt. Deshalb soll Sipiläs Drei-Parteien-Koalition aus Zentrumspartei, Konservativen und der Wahre-Finnen-Abspaltung „Blaue Zukunft“ auf Bitte von Staatspräsident Sauli Niinistö auch bis dahin die laufenden Regierungsgeschäfte weiterführen.

Was aber hat Sipiläs so kurz vor den Wahlen aufgeben lassen? Mit Hilfe der nun gescheiterten Reform sollte das gesamte finnische Gesundheitssystem umgebaut werden. Bislang sind dafür die 311 Kommunen des Landes zuständig. Vor allem viele kleine Kommunen waren damit zunehmend überfordert. Das Modell ist reformbedürftig, darin sind sich alle Parteien einig. Allerdings nicht darüber, wie genau dieses Ziel zu erreichen ist.

Die jetzige Regierung wollte kurzerhand die Verantwortung nicht nur für das Gesundheits-, sondern fast das gesamte Sozialwesen auf 18 neu zu schaffende regionale Körperschaften übertragen. Aus Kostengründen sollte die Zahl vollwertiger Krankenhäuser auf landesweit 12 reduziert werden; gleichzeitig wollte man den gesamten Sektor für private Akteure öffnen.

Eine Radikalllösung, gegen die sich auch in den Fraktionen der Regierungsparteien immer mehr Widerstand regte. Seit Monaten zeichnete sich ab, dass es vermutlich keine Parlamentsmehrheit für diese Pläne mehr gäbe und sie in dieser Legislaturperiode nicht umgesetzt werden könne.

Bei Sipiläs Rücktritt zum jetzigen Zeitpunkt handele es sich zum Großteil um Wahltaktik, sagt die Soziologin Johanna Vuorelma. Offenbar hoffe der Ministerpräsident, damit in letzter Minute etwas gegen die rekordschlechten Werte seiner Partei tun zu können. Alles hinzuwerfen könnte sich aber auch kontraproduktiv auswirken.

Am Vortag veröffentlichte Umfragen hatten die drei Regierungsparteien nur noch bei 32 Prozent der Stimmen gesehen. Die Zentrumspartei Sipiläs, 2015 mit 21 Prozent Wahlsieger würde danach mit 14 Prozent ein Drittel ihrer Stimmen verlieren. Sie liegt damit gleichauf mit Grünen und Wahren Finnen. Bei Wahlen hatte diese traditionelle Regierungspartei seit 102 Jahren kein schlechteres Ergebnis.

Im Aufwind sind dagegen seit längerem Sozialdemokraten und Grüne, die wesentliche Teile der Gesundheitsreform ablehnen. Sie können sich nun auf den Wahlsieg freuen, meint der Staatswissenschafler Markku Jokisipilä. Sanna Marin, stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokraten twitterte: „Gesundheitsreform gekippt, Regierung gekippt: Was für ein schöner Frauentag!“

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