Forschung mit der Maus

Der Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ nominiert das UKE für einen Negativpreis. Das Klinikum hält die Versuche für notwendig und baut ab Sommer ein neues Tierlabor

Umstrittene Praxis: der Einsatz von Labortieren Foto: Friso Gentsch/dpa

Von Jana Eggemann

Weil das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) schwangere Mäuse unter Stress setzt, ist es jetzt für einen Negativpreis nominiert. Der Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ will damit auf „besonders grausame und absurde“ Praktiken im Umgang mit Tieren aufmerksam machen.

Der Preis wird zum zweiten Mal vergeben. Bei der Studie vom UKE werden schwangere Mäuse 24 Stunden lang mit einem lauten Ton beschallt, um Stress zu simulieren. Laut UKE soll damit untersucht werden, ob sich Stress negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirkt und so etwa Allergien und Asthma begünstigt werden. „Nur so lassen sich Maßnahmen entwickeln“, erklärt die Pressestelle des Klinikums auf taz-Anfrage.

Bis 2023 plant das UKE den Neubau eines Tierlabors. Dies sei nötig, da das alte Gebäude den neuen Standards nicht mehr entspreche. Neue Tiere sollen laut UKE aber nicht dazukommen. Die Arbeiten sollen voraussichtlich im Sommer beginnen – bezuschusst vom rot-grünen Senat mit 31 Millionen Euro. Katharina Fegebank (Grüne) verteidigte die Entscheidung damals: „Um schwere Krankheiten zu heilen und Menschenleben zu retten, müssen nach sorgfältiger Prüfung auch Tiere zum Einsatz kommen.“

Im Team des UKE sind auch fünf Tierärzte als Tierschutzbeauftragte tätig. Sie sollen die Wissenschaftler in der Planung von Studien beraten und dafür sorgen, „dass in den unvermeidlich notwendigen Tierversuchen so schonend wie möglich mit den Tieren umgegangen wird“. Das Klinikum betont, dass jeder Versuch von einer unabhängigen Ethikkommission geprüft würde. Tierversuche würden nur dann durchgeführt, wenn sie alternativlos seien.

An 2,8 Millionen Tieren haben Wissenschaftler 2017 bundesweit geforscht und rund 740.000 dabei getötet, zählte das Bundeslandwirtschaftsministerium.

Mäuse machten etwa die Hälfte der Labortiere aus, danach kommen mehr als 200.000 Ratten und Fische, rund 3.000 Hunde und Affen und Hunderte Katzen.

Hamburg ist mit rund 167.000 Tieren Spitzenreiter unter den Bundesländern. Das UKE hielt 2017 etwa 67.000 Labortiere.

Das Ministerium will Tierversuche langfristig ersetzen, fördert sie aber immer noch mit mehreren Milliarden Euro.

Seit 2013 gibt es ein Verbot von Versuchstieren für die Kosmetik.

Das bezweifelt Tamara Zietek von „Ärzte gegen Tierversuche“, die in der Vergangenheit selbst tierversuchsfreie Projekte an der TU München leitete. Es gebe genug Alternativen, etwa die Multi-Organ-Chips, die dreidimensionale Miniaturorgane abbilden können. Allerdings sind diese Verfahren noch relativ neu und laut Medizinern kann ein Chip noch nicht den gesamten menschlichen Organismus abbilden. Das können Tiere Zietek zufolge allerdings auch nicht: „Ein Tier bleibt immer ein Tier.“

Befürworter von Tierversuchen weisen darauf hin, dass fast alle wichtigen medizinischen Fortschritte der letzten Jahre auf der Arbeit mit Tieren beruhen. So seien etwa Insulin und Penicillin durch Tierversuche entdeckt worden. Zietek überzeugen diese Beispiele nicht. Sie hält Tierversuche für unzuverlässig, weil viele weitere Faktoren bei der Entwicklung von Medikamenten eine Rolle spielen. „Aspirin wäre nach den heutigen Tierschutzstandards nicht einmal getestet worden und nicht auf dem Markt.“ Was schlecht für das Tier sei, könne trotzdem gut für den Menschen sein.

Laut UKE seien die Versuche vor allem bei der Entwicklung neuer Therapien „oft notwendig“. Offizielle Zahlen, wie viele der Labortiere getötet werden, gibt es nicht. Von der Pressestelle heißt es lediglich, der Tod sei häufig nötig für weitere Forschungsdaten. Das Klinikum weist darauf hin, dass man Entwicklungen zur langfristigen Reduzierung von Tierversuchen unterstütze.