ausverlegt: Bullshit-Bingo von DuMont-Granden
Die Mehrheit der Leser der Hamburger Morgenpostdürfte die Namen Christian DuMont Schütte und Isabella NevenDuMont noch nie gehört haben – bis ihnen am Donnerstag auf Seite 5 diese beiden Prachtexemplare aus dem Aufsichtsrat der DuMont-Mediengruppe entgegenlächelten. „In eigener Sache“ hatten er, der Chef des Gremiums, und sie, die Stellvertreterin, etwas mitzuteilen.
Manche Leser*innen wussten zu diesem Zeitpunkt längst aus Presse Funke und Fernsehen, dass das Kölner Medienhaus sehr konkret darüber nachdenkt, seine sechs Tageszeitungen zu verkaufen – unter anderem die Mopo. Treue Fans des Boulevardblatts dürften sich daher klare Worte von oben erhofft haben, vielleicht gar Durchhalteparolen.
Doch nix da! „DuMont ist ein über Jahrhunderte hinweg erfolgreiches Unternehmen, weil es sich zu jeder Zeit der Wirklichkeit der Märkte gestellt hat“, heißt es gleich zu Beginn des Textes. Auch sonst fehlt es nicht an Selbstlob – und erst recht nicht an Phrasen à la „strategische Optionen prüfen“.
Das Highlight des Artikels: der Nullsatz „Veränderung, Anpassung und Neuausrichtung sind seit Anbeginn unabänderliche Rahmenbedingungen für die Medienbranche“. Derlei Bullshit-Bingo findet sich sonst nur in Pressemitteilungen, aber Journalisten bekommen ja wenigstens Schmerzensgeld dafür, so etwas zu lesen. Mopo-Leser*innen werden fürs Leiden dagegen nicht honoriert, sie haben sogar 1,10 Euro dafür bezahlt.
Mögen Christian DuMont Schütte und Isabella NevenDuMont durchaus die Fähigkeit besitzen, „die Wirklichkeit der Märkte“ zu erblicken: Einen Funken Gespür dafür, dass es da draußen noch Leser gibt, die eine Bindung zu ihrem Blatt haben oder zumindest beim Mittagstisch gern drin blättern, entwickeln sie nicht.
Über die Kaltherzigkeit der Apparatschiks aus Köln waren dann offenbar sogar die Führungskräfte vor Ort verstört. Sie bauten unter den Text einen Kasten mit warmen Worten. „Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ arbeiteten weiterhin „mit Herzblut“, versicherte darin „Ihre Chefredaktion und die Geschäftsführung der Hamburger Morgenpost“. Klingt beinahe nach organisierter Rebellion, denn an den anderen DuMont-Zeitungs-Standorten erschienen gleichlautende Ergänzungen.
Die Mopo verkauft laut dem Portal „Meedia“ derzeit pro Ausgabe noch 38.400 Exemplare. Sollten es künftig noch weniger werden: Christian DuMont Schütte und Isabella NevenDuMont dürften einen kleinen Teil dazu beigetragen haben. René Martens
medien
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen