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Ein großes Haus für Arthouse

In Osnabrück gibt es mit dem Cinema-Arthouse ein eigens gebautes Kino für anspruchsvolle Filme mit fünf Sälen. Es ist seit 18 Jahren erfolgreich

Die Außenwände, Treppengänge und die Bar sind rund und die rechten Winkel in den Kinosälen so wenig sichtbar wie möglich

Von Wilfried Hippen

Multiplex-Kino und Filmkunsttheater schließen einander scheinbar aus, aber in Osnabrück gibt es, einmalig in Deutschland, mit dem Cinema-Arthouse den Gegenbeweis. Auf fünf Leinwänden werden hier in drei bis vier Vorstellungen pro Tag sogenannte Arthouse-Filme gezeigt, also keine Blockbuster, Action- oder Genrefilme, wie sie sonst in den Großkinos auf dem Programm stehen. Ein neuer James-Bond-Film würde zwar gezeigt werden, aber aktuell laufen dort „Green Book“, „The Mule“ und „Die Blüte des Einklangs“, also jene Filme, die etwa in Hamburg im Abaton oder in Bremen in der Schauburg auf dem Programm stehen.

Der Erfolg dieses Kinos mit 850 Sitzplätzen ist auch deshalb so erstaunlich, weil Osnabrück eine vergleichsweise kleine Großstadt mit rund 160.000 Einwohnern ist. Zudem gibt es eine starke Konkurrenz durch zwei konventionelle Multiplex-Kinos. Insgesamt gibt es 22 Kinosäle mit rund 5.000 Sitzplätzen in der Stadt. Da werden auch viele Filme in mehreren Kinos gezeigt, aber dann sind die Besucherzahlen in der Regel im Cinema-Arthouse höher.

Das Jahr 2018 gilt als verheerend für die Kinobranche. Der lange heiße Sommer und das Fehlen von Erfolgsfilmen hat dazu geführt, dass zwischen 13 und 15 Prozent weniger Publikum in die Kinos gekommen ist. Doch das Cinema-Arthouse hat, wie der Theaterleiter Hermann Thieken glaubhaft angibt, mit einer „schwarzen Null“ und sogar einem halben Prozent mehr Publikum abgeschlossen.

Ein Grund dafür ist, dass das Haus als Kino gebaut wurde, und zwar zu einer Zeit, als sich schon abzeichnete, wie wichtig viel Gastronomie und eine gute Kinotechnik für den Erfolg eines Kinos sein würden. Hier werden die Filme auf einem hohen Standard der Kinotechnik gezeigt, auf einer 100 Quadratmeter großen Leinwand, mit einer THX-Tonanlage und in allen Kinosälen barrierefrei.

Außerdem gibt es ein großes Kinocafé mit dem Namen Garbo, die Bar „Blue Note“, in der Jazz- und Blueskonzerte, Kleinkunst und Lesungen veranstaltet werden und im Sommer einen Biergarten auf dem Dach. Dort gibt es das ganze Jahr über eine Raucherecke, auch das ist ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt.

Die beiden Gründer und Leiter Christian Saßnick und Hermann Thieken betreiben auch noch das Filmtheater Hasetor – ein traditionelles Programmkino mit nur einem, dafür ziemlich großen Saal. Thieken nennt es „die sechste Leinwand“, aber er weiß auch, dass es das Lieblingskino von vielen Osnabrücker Cineasten ist, und dass einige Filme deshalb dort besser laufen als im großen Haus.

Mit dem Kino am Hasetor hat die Karriere der beiden Kinobetreiber in Osnabrück auch begonnen. 1986 beendeten Saßnick und Thieken ihre Studienzeit in Münster. Damals wurden im Kino am Hasetor noch Pornofilme gezeigt. Die beiden übernahmen es und machten ein Filmkunsttheater daraus.

Ein paar Jahre später wurden zwei Innenstadtkinos geschlossen, und auch diese pachteten die beiden und eröffneten sie neu als Programmkinos. So bespielten sie vier Leinwände, allerdings in alten, wenig attraktiven Kinosälen. Die beiden Kinos mussten nach einiger Zeit dringend renoviert werden, doch Saßnick und Thieken fragten sich, ob es nicht sinnvoller wäre, stattdessen ein neues Kino zu bauen. Geld dafür hatten sie nicht.

Sie brauchten also sowohl ein möglichst zentral gelegenes Grundstück als auch einen Investor. Sie hatten das Glück, dass die Tageszeitung der Region, die Neue Osnabrücker Zeitung, ein neues Pressehaus baute und es daneben ein freies Grundstück gab. Der Verleger Leo Victor Fromm ließ sich von den beiden Kinomachern überzeugen und investierte in den Neubau, der von dem gleichen Bauleiter und Architekten wie das Zeitungsgebäude nebenan gebaut wurde.

Saßnick und Thieken zahlten aus eigener Tasche noch für einen Kinotechniker, der dafür sorgte, dass Bild und Ton in den Kinos so gut wie möglich sein würden. Im Entwurf des Hauses wurden gerade Linien, Ecken und Kanten möglichst vermieden. Die Außenwände, Innenräume, die Treppengänge, der Kassentresen und die Bar sind rund, und die etwa in den Kinosälen unvermeidlichen rechten Winkel sind so wenig sichtbar wie möglich. In die Decke des Foyers ist die Form einer riesige Filmrolle eingearbeitet – eine Erinnerung daran, dass der Bau noch in den Zeiten des analogen Kinos fertiggestellt wurde.

In Osnabrück gibt es zwar mit der Lagerhalle ein kommunales Kulturzentrum, das der Veranstaltungsort sowohl des European Media Art Festivals, des Festivals des Neuen Japanischen Films und des Unabhängigen Film-Fests Osnabrück ist. Aber es ist kein Kommunalkino, wie es etwa in Hamburg, Bremen, Lübeck oder Kiel betrieben wird, und dies sorgt für eine Leerstelle, die das kommerzielle Cinema Arthouse nutzen kann.

So gibt es dort eine Fülle von Sonderveranstaltungen mit vielen Kooperationspartnern wie dem Verein „Exil“, dem Hospizverein, der deutsch-französischen Gesellschaft Osnabrück, der Caritas und Pro Familia. Diese gute Vernetzung sorgt dafür, dass das Kino ein Treffpunkt nicht nur für die Cineasten der Stadt ist. Zu Sondervorstellungen und Vorpremieren werden regelmäßig Filmemacher*innen eingeladen, und täglich gibt es mehrere Filme für Kinder und Familien.

So ist das Kino auch tagsüber gut besucht. Am vergangenen Sonntag sahen in einer Nachmittagsvorstellung mehr als 300 Kinder und Eltern den Film „Checker Tobi“. An guten Tagen kommen so bis zu 2.000 Besucher*innen in das Cinema-Arthouse.

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