: Mann und Frau im Doppelpack
Schleswig-Holsteins Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) hat eine Wahlrechtsreform vorgeschlagen, um für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen. Prompt kassierte sie Ärger von der eigenen Partei – dabei ist das Modell gar nicht neu
Von Esther Geißlinger
Ein Jahrhundert nach der Einführung des Frauenwahlrechts ist die Zahl weiblicher Abgeordneter immer noch unterdurchschnittlich: Auf Bundes- und Länderebene sind es weniger als ein Drittel, in den Gemeinderäten im Schnitt nur ein Viertel. Und durch den Einzug von Parteien wie der AfD, die keinen Wert auf Frauenquoten legen, könnte das Verhältnis weiter sinken.
Die Schleswig-Holsteinische Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) hat nun vorgeschlagen, das Wahlrecht zu ändern: In jedem Wahlkreis solle statt einer Person ein Team aus Frau und Mann bestimmt werden.
Das war offenbar zu viel für die CDU-Fraktion im Kieler Landtag: Laut Bericht des NDR musste sich die Politikerin in interner Sitzung „ teilweise heftige Kritik“ anhören. Wenn es so gewesen sein sollte, zeigt das, dass CDU in Schleswig-Holstein die Debatten in der eigenen Partei nicht mitverfolgt hat.
„Den Bundestag fordern wir auf, im Zuge der vorgesehenen Wahlrechtsreform Maßnahmen, auch gesetzliche Regelungen, zu beschließen, um die Gleichberechtigung von Frauen in politischen Ämtern zu erreichen. Lösungen anderer Länder, wie etwa das Paritätsgesetz in Frankreich, müssen in die Überlegungen einbezogen werden“, heißt es in einem Papier der Frauen Union aus dem Mai 2018, als die Vertretung weiblicher Mitglieder in der Union ihren 70. Gründungstag feierte.
Anlässlich der Feiern zum 100. Jubiläum des Frauenwahlrechts gab es über alle Parteigrenzen hinweg ähnliche Forderungen. Denn, das hat unter anderem die Europäische Akademie für Frauen in Berlin (EAF) herausgefunden, das bestehende Wahlrechtssystem der Bundesrepublik benachteiligt Frauen. Der Grund ist die spezielle Mischung aus Direkt- und Verhältniswahlrecht.
Besonders die CDU bekommt das zu spüren: „In der Liste sind wir nicht schlecht“, sagt Susanne Wetterich, Vorstandsmitglied der Frauen-Union in Baden-Württemberg. Doch die CDU gewinnt viele Wahlkreise direkt, und die meisten Spitzenkandidaten sind männlich. So ziehen Männer auch an den gut platzierten Frauen auf der Liste vorbei.
Ein Ausweg könnte die sogenannte Tandem-Lösung sein, eben dieses Modell, für das Sütterlin-Waack sich nun stark macht. Die Idee ist einfach: Aus zwei Wahlkreisen entsteht ein großer, in den jede Partei ein Tandem aus Frau und Mann als SpitzenkandidatInnen schickt. Damit würden immer ein Mann und Frau einziehen, egal welche Partei die Wahl gewinnt.
Allerdings wird es so einfach nicht gelingen, das wissen auch die BefürworterInnen dieses Modells. Die Wahlen auf Bundes- und Länderebene folgen verschiedenen Regeln, jedes Land hat Besonderheiten. So könnte es beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern heißen, die doppelten Wahlkreise seien zu groß – das Land war vor einigen Jahren an einer Vergrößerung ihrer Verwaltungskreise gescheitert. Noch größer wäre der Widerstand fast aller kleinerer Parteien: Sie haben nur in wenigen Kreisen Chancen auf Direktmandate, diese Chancen würden durch den Neuschnitt der Kreise zerstört werden.
„Doch zu hoffen, dass sich automatisch etwas tut, das wird nicht reichen“, sagt Cécile Weidhofer von der EAF.
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