: Hannovers Sternstunde
Stadt setzt auf gerechte Sprache für alle
Die Hater kommen sofort aus ihren Löchern: Sie wollen die Mitarbeiter*innen aus dem Rathaus in Hannover „in die Geschlossene“ stecken, werfen ihnen „Genderwahn“ vor oder fragen, „ob ihr Tampon kneift“. So schreiben es Leser*innen in Kommentaren unter den Artikeln anderer Medien über die neue, gendergerechte Sprache der Stadt Hannover.
Die Verwaltung hat bekannt gegeben, dass die Mitarbeiter*innen in öffentlichen Schreiben, Präsentationen, Broschüren, Hausmitteilungen und Formularen künftig geschlechtsumfassende Begriffe und, wenn es sich nicht vermeiden lässt, Bezeichnungen mit einem Sternchen benutzen müssen: Also statt Lehrer und Lehrerinnen – die Lehrenden. Und statt Kollegen und Kolleginnen – Kolleg*innen. Bei so viel Fortschritt kann einigen Internetnutzer*innen vor Schreck schon mal der Kaffee über die Tastatur kippen.
Die Stadt Hannover hat für den Schritt eine einfache Erklärung: „Verwaltungssprache soll alle Menschen ansprechen. Frauen und Männer und jene, die sich nicht als Frau oder Mann selbst beschreiben.“ Um es ihren Mitarbeiter*innen einfacher zu machen, hat die Stadt sogar einen Flyer herausgegeben, in dem sie Beispiele für neue Formulierungen gibt. Aus Rednerpult wird in Zukunft Redepult. In Formularen soll statt „Name des Antragsstellers“ schlicht „(Ihr) Name“ stehen.
Auch die Anrede in Briefen soll sich ändern. Statt „Sehr geehrter Herr Mustermann“ will die Stadt künftig mit „Guten Tag, Max Mustermann“ grüßen. Doch Maren Gehrke vom Referat für Frauen und Gleichstellung sagte der taz bereits, dass es mit der vollständigen Umsetzung noch dauern werde. Beispielsweise in Mahnschreiben könne so eine direkte Ansprache unangemessen erscheinen.
Gleichstellungsbeauftragte Friederike Kämpfe bekommt den Unmut der Gleichstellungsgegner*innen ungefiltert in ihr E-Mail-Postfach. „Damit muss man rechnen, wenn man heutzutage feministische Forderungen aufstellt“, sagt sie. Der gesellschaftliche Diskurs habe sich nach rechts verschoben. Gerade habe sie den ersten Hitlervergleich gehört und so nette Sätze wie: „Schiebt euch euren Genderstar doch in euren Genderarsch“, sagt Kämpfe. „Aber ich kann darüber lachen.“
Denn es gebe auch viele Rückmeldungen, die sie bestärkten. „Es geht uns darum, differenziert Dinge benennen zu können und nicht darum, alle gleich zu machen“, sagt Kämpfe. Bei einigen habe sie aber nicht die Hoffnung, dass diese Botschaft durchdringe. Andrea Maestro
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen