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Armut bleibt stabil

Laut Sozialmonitoring halten sich positive und negative Entwicklungen in den Stadtteilen die Waage

Von Gernot Knödler

Die Hamburger Stadtteile driften nicht auseinander. Das ist das Ergebnis des neuesten Sozialmonitorings, das Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) am Montag veröffentlicht hat. Das Monitoring bewertet, wie stark die soziale Lage in einem Quartier nach oben oder unten vom Hamburger Durchschnitt abweicht – und wie sie sich entwickelt. Es dient dazu, „eine mögliche Häufung sozialer Herausforderungen in einzelnen Quartieren frühzeitig zu erkennen“, wie es die Behörde formuliert.

Das Monitoring bezieht sich auf 848 statistische Gebiete mit mindestens 300 Einwohnern. 82 Prozent davon stuft das Büro F+B Forschung und Beratung im Status als „mittel“ oder „hoch“ ein, 18 Prozent als niedrig oder sehr niedrig. 93 Prozent seien stabil. „Nach wie vor sind keine zunehmenden Polarisierungstendenzen erkennbar“, bilanziert Senatorin Stapelfeldt. Das Ziel bleibe, „überall in der Stadt die Lebensbedingungen zu verbessern“.

Senatorin sieht keine zunehmende Polarisierung

Die Bürgerschaftsabgeordnete Heike Sudmann von der Linken bewertet das anders. Die Freude der Senatorin über die stabile Entwicklung sei ihr ein Rätsel. „Die Verfestigung der Armut auf dem bisherigen hohen Niveau ist doch schon schlimm genug“, empört sie sich. Das „Rise-Programm“ des Senats zur sozialen Stadtteilentwicklung reiche offenbar nicht aus, um viele Menschen aus der Armut zu holen. Es fehle „eine echte Anti-Armutsstrategie“.

Sudmann verweist auf die langfristigen Trends, die im Monitoring-Bericht nachzulesen sind. 196 der 848 Gebiete hatten in den vergangenen sieben Jahren mindestens einmal einen niedrigen oder sehr niedrigen Status. 124 davon entwickelten sich konstant, bei 35 verschlechterte sich der Status tendenziell.

Das Monitoring bildet sieben Aufmerksamkeitsindikatoren ab: den Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, der Kinder von Alleinerziehenden, der Sozialhilfeempfänger, der Arbeitslosen, der Sozialhilfe empfangenden Kinder und der Alten sowie die Schulabschlüsse. Die positive oder negative Dynamik liest er aus der prozentualen Veränderung von 2014 bis 2017 ab.

In der Gesamtschau haben sich etwas mehr Gebiete verschlechtert als verbessert, wobei auch die Aufnahme von Flüchtlingen eine Rolle spielte. Die Behörde hat keine Zahlen für die statistischen Gebiete vorgelegt.

Ein Blick auf die Stadtteile vermittelt einen Eindruck, wie weit die Schere auseinandergeht: Hammerbrook hat 18,4 Prozent Sozialhilfeempfänger, bei Kindern und Jugendlichen sind es sogar 40,1 Prozent. In Harvestehude sind es nur 3,4 Prozent, bei unter 15-Jährigen 4,5 Prozent.

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