Voller Erfolg für den Mietentscheid Frankfurt

In Frankfurt hat eine Mieterinitiative die erste Hürde für ein Bürgerbegehren genommen.
In anderen Städten starten ähnliche Versuche, sozialverträgliche Mieten festzuschreiben

Erst die Demo in Frankfurt, jetzt 22.000 Unterschriften Foto: Patrick Scheiber/imago

Aus Frankfurt am Main André Daub

Das Sammeln ist beendet: Bis vergangenen Mittwoch konnten die Frankfurter*innen für das Bündnis Mietentscheid unterschreiben, jetzt haben die Initiator*innen gezählt. Und siehe da, das Bündnis hat mit 22.104 Zeichnungen weit mehr als die laut hessischer Gemeindeordnung benötigten 16.000 Unterschriften beisammen.

In den nächsten Wochen sollen die Listen der Stadtverwaltung überreicht werden. „Das Engagement der Unterstützenden und das breite Bündnis beweisen, wie dringend die Stadt etwas gegen die steigenden Mieten unternehmen muss“, sagt dazu Lisa Hahn vom Mietentscheid.

Die Forderungen der Initiative sind klar: Der kommunale Wohnungskonzern der Stadt, die ABG Holding, soll nur noch geförderten Wohnraum für geringe und mittlere Einkommen schaffen. Die Bestandsmieten aller Mieter*innen, die Anspruch auf eine der Sozialwohnungen haben, sollen auf 6,50 Euro pro Quadratmeter gesenkt werden. Frankfurt gehört zu den Städten mit den höchsten Mieten in Deutschland.

Laut einer Studie des Darmstädter Instituts für Umwelt und Wohnen haben rund zwei von drei Mietwohnungshaushalten in Frankfurt Anspruch auf geförderten Wohnraum, in der Stadt gibt es jedoch nur 26.000 Sozialwohnungen. Die ABG Holding besitzt 51.000 Wohnungen, 18.000 davon sind geförderte Wohnungen mit einem einkommensabhängigen Quadratmeterpreis von 5 bis 10,50 Euro. Die restlichen Wohnungen sind nicht mietpreisgebunden und kosten 12 bis 12,50 Euro pro Quadratmeter.

Zum Vergleich: Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für eine Wohnung im Frankfurter Stadtgebiet liegt laut dem offiziellen Mietspiegel von 2018 bei 9,36 Euro. Der Wert ist im vergangenen Jahr um 8 Prozent gestiegen.

Finanziert werden soll der Mietentscheid durch eine höhere Gewerbesteuer und die jährlichen Gewinne der städtischen ABG Holding in Höhe von 94 Millionen Euro. Viele ehrenamtliche Helfer*innen trieben diese Forderungen dazu an, monatelang, für das Projekt zu werben, Unterschriften zu sammeln und in der ganzen Stadt Boxen dafür aufzustellen.

Für AGB-Sprecher Claus Junker sind die Pläne dagegen nicht umsetzbar. „Erstens brauchen wir eine Gewinnrücklage, um Neubauten zu finanzieren. Zweitens verstößt der Inhalt des Mietentscheids gegen das hessische Gemeinderecht.“

Das Bündnis sieht das gleichwohl anders. „Wir haben die Kosten kalkuliert und unsere Forderungen juristisch prüfen lassen“, sagt Lisa Hahn. Sollte das Begehren nach einer rechtlichen Prüfung von der Stadtverwaltung abgelehnt werden, will das Bündnis rechtliche Schritte gegen die Entscheidung einleiten.

„Die Stadt muss dringend etwas gegen steigende Mieten tun“, sagt Lisa Hahn

Anderswo ist man rechtlich auf der sicheren Seite: Das Osnabrücker Bündnis für bezahlbaren Wohnraum fordert die Neugründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft. Die Stadtverwaltung hat das Begehren bereits geprüft und für rechtmäßig erklärt. „Größere Mietwohnungseineinheiten werden fast ausschließlich von privaten Investoren gebaut, die ihr Investment als Kapitalanlage mit entsprechenden Renditeerwartungen betrachten“, erzählt Stefan Wilker, Sprecher des Bündnisses. Eine Wohnungsgesellschaft in öffentlicher Hand müsse nicht profitorientiert wirtschaften und könne daher mit der Zielsetzung arbeiten, günstigen Wohnraum zu schaffen.

Besonders stark kritisiert das Bündnis den Immobilienkonzern Vonovia. Das Unternehmen besitzt viele der Wohnungen, die bis zur Privatisierung 2002 im Eigentum der städtischen OWG waren. „Die Vonovia hat in den letzten Jahren damit begonnen, den Bestand zu sanieren und die Mieten massiv zu erhöhen“, sagt Wilker. Entsprechend hoch sei der Rückhalt bei den Bürger*innen. Von den benötigten 9.850 Unterschriften hat das Bündnis bisher seit September 7.500 zusammengetragen. Abgabe ist im März 2019.

Noch am Anfang steht dagegen die Bewegung Deutsche Wohnen enteignen in Berlin. Sie fordert eine Enteignung privater Wohnungsbaugesellschaften mit mehr als 3.000 Wohnungen. Unter die Forderung fielen ungefähr fünf private Wohnungsbaugesellschaften.

Ein Verwaltungsrat aus Mieter*innen, Senat, und den Beschäftigten der Unternehmen soll für die Verwaltung der Wohnungen zuständig sein. Gefordert wird ein Mietpreis von 5 Euro pro Quadratmeter. Damit es dazu kommen kann, benötigt das Bündnis 170.000 Unterschriften. Gerade prüft der Senat die Rechtmäßigkeit. Gesammelt werden soll ab April kommenden Jahres.