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Lars Penning Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Einer von Leo McCareys besten Filmen ist „Ruggles of Red Gap“ (1935), der von einem britischen Butler erzählt, den es in ein amerikanisches Provinznest zu einem neureichen Ehepaar verschlägt. Die Geschichte vereint viele von McCareys Lieblingsthemen: das Aufeinandertreffen verschiedener Gesellschaftsschichten und Lebensauffassungen, Ehe als Krieg der Geschlechter und einen Aufruf zu mehr Toleranz. Als Modellfigur des Films dient der etwas provinzielle Arbeitgeber des Butlers, der als eifriger Verfechter amerikanischer Ideale seinen Angestellten ermuntert, etwas aus sich zu machen. Höhepunkt des Films ist eine Sequenz, in der Ruggles (Charles Laughton) als Einziger der Gäste eines örtlichen Saloons die „Gettysburg Adress“ von Abraham Lincoln (in der von Freiheit und Selbstbestimmungsrecht der Amerikaner die Rede ist) zitieren kann. Eine pathetische Inszenierung liegt McCarey dabei fern: Er zeigt den sprechenden Ruggles nur selten und legt mehr Wert auf die Reaktionen der beschämten Zuhörer (28. 12., 19 Uhr, Arsenal 1).

Clint Eastwood kaut stoisch am Zigarillo-Stummel und vergibt seine Aufträge im Vorübergehen: „Mach drei Särge fertig.“ Mit „Für eine Handvoll Dollar“ (1964), einem Remake von Kurosawas „Yojimbo“, erfand Regisseur Sergio Leone den Italo-Western quasi im Alleingang. Die Idee: die amerikanischen Mythen von aufopferungsvollen Pionieren und Kontrahenten, die sich in fairen Kämpfen gegenüberstehen, kurzerhand ins zynische Gegenteil zu verkehren. Der sarkastische Humor, die plakative Brutalität und der cool aufspielende Eastwood machten den Film zu einem Welterfolg (20. 12., 19.30 Uhr, 23. 1 2., 14 Uhr & 27. 12., 16.30 Uhr, Babylon Mitte).

Für etwas mehr Arbeit in den Gehirnwindungen sorgt Alain Resnais in „Ihr werdet euch noch wundern“ (2012), einem Film, der noch einmal die Themen und Formen aufgreift, die den französischen Regisseur zeitlebens beschäftigten: die Vermischung von verschiedenen Zeit- und Wahrnehmungsebenen, von Theater, Literatur und Film. Während sich die Schauspieler verschiedener „Euryidice“-Inszenierungen eine DVD mit einer neuen Aufführung einer jungen Theaterkompagnie ansehen, verschieben sich alsbald die Realitätsebenen: Die Akteure im Zuschauerraum beginnen, in ihren einstigen Rollen zu agieren, Bühnentext und Privates vermischen sich. Zeitliche Abläufe geraten durcheinander, und die Ausblicke durch die Dekoration auf eine imaginäre Außenwelt ändern sich ständig – ein unerschöpflich fantasievolles Spiel aller filmischen Möglichkeiten (22. 12., 26. 12.,19.30 Uhr, Arsenal 2).

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