„Blood & Honour“ taucht auch offiziell wieder auf

Schon vor Jahren wurde das rechtsextreme Netzwerk verboten, doch Neonazis hielten das Label weiter aufrecht. Nun gehen Ermittler wieder gegen die Gruppierung vor

Von Konrad Litschko

Als die Ermittler kürzlich zu Sven B. kamen, trafen sie auf einen einschlägig Bekannten. Der Thüringer bewegt sich seit Jahren in der rechtsextremen Szene, zuletzt im Umfeld einer Schlägertruppe aus Ballstädt. Nun ging es um Blood & Honour. Sven B. soll die verbotene Gruppierung mit anderen Rechtsextremen wiederbelebt haben. Deshalb rückten die Beamten Mitte Dezember zu Razzien aus.

Zwölf Personen wurden durchsucht, neben Thüringen auch in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen-Anhalt. Vier Männer wurden festgenommen, darunter Sven B. Sie hätten versucht, eine neue „Verwaltungsstruktur“ für Blood & Honour aufzubauen, mit Sektionen in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und „Mitteldeutschland“, so die Generalstaatsanwaltschaft München. Über die Marke sollte erneut „rechtsextremistisches Gedankengut“ verbreitet werden.

Der Einsatz beschäftigt die Politik noch immer. Denn Blood & Honour wurde bereits 2000 verboten – und noch im September beteuerte die Bundesregierung, es gebe keine Wiederbetätigung. Nun aber rückt die Polizei genau deshalb aus. Sie sei deshalb schon etwas überrascht, sagt die Linken-Innenexpertin Martina Renner. Die Behörden seien bei Blood & Honour durch „jahrelange Untätigkeit und Verharmlosung“ aufgefallen. Auch die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic nennt es „erstaunlich“, dass die Bundesregierung keine Wiederbetätigung sah – trotz „wiederkehrenden Meldungen über Aktivitäten im Umfeld von Blood & Honour“.

Die Gruppe ist international aufgestellt, hierzulande organisierte sie Rechtsrockkonzerte, vertrieb CDs. Und propagierte Gewalt: Sie beschwor einen „Rassenkrieg“, hantierte auch mit Waffen. Als 1998 die späteren NSU-Terroristen Beate Zschä­pe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos untertauchten, waren es auch Blood-&-Honour-Mitglieder, die ihnen halfen. 2000 folgte dann das Verbot durch Innenminister Otto Schily (SPD): Die Gruppe sei rassistisch und kämpfe gegen die Verfassung.

Dennoch tauchte das Label in der rechtsextremen Szene immer wieder auf, zuletzt etwa auf Rechtsrockfestivals in Ostritz oder Themar. Auch frühere Mitglieder blieben aktiv, einige sammelten sich in dem radikalen Ableger „Combat 18“.

Schon 2016 gab es Ermittlungen in Thüringen, ob dort „Blood & Honour“ reaktiviert wurde – das Verfahren blieb ergebnislos. Nun ist die Münchener Generalstaatsanwaltschaft aktiv. Die jetzt Beschuldigten hätten bereits verbotene „Blood & Honour“-CDs und Merchandise-Artikel aus dem Ausland hierzulande vertrieben, heißt es dort. Bei den Razzien wurden entsprechende CDs gefunden, auch eine Fahne und ein Dolch mit Hakenkreuz, Schlagstöcke und Schlagringe. Laut bayerischem Innenministerium waren die Beschuldigten „wahrscheinlich Teil eines internationalen Rechtsextremistennetzwerks“. Hinweise auf sie seien vom Verfassungsschutz gekommen.

Nach taz-Informationen sind unter den Durchsuchten einige langjährige Szeneaktivisten. So soll der Thüringer Sven B. schon vor Jahren bei rechten Gewalttaten und Szeneaufmärschen dabei gewesen sein, auch „Combat 18“ wurde er zugerechnet – dem „Blood & Honour“-Ableger. Beschuldigt ist auch Alexander S. aus Baden-Württemberg: Er gehörte zu den Anführern der 2016 verbotenen „Weiße Wölfe Terrorcrew“. Auch diese Gruppe nannte sich intern „28er“ – nach dem zweiten und achten Buchstaben des Alphabets, B und H, für Blood & Honour.

Die Bezüge waren also wenig verhohlen. Das Bundes­innenministerium gibt sich nun wortkarg: Zu Strafverfahren der Länder äußere man sich nicht, so ein Sprecher. Die Ergebnisse würden aber in die „fortlaufende Bewertung“ von Blood & Honour einbezogen. Für die Linke Renner „bleibt abzuwarten, ob die Behörden nun endlich Druck auf das Netzwerk ausüben, der dessen Bedeutung im Rechtsterrorismus gerecht wird“.