Hofreiter will internationalen Handel nur noch mit Klimaschutz

Der Grünen-Fraktionschef möchte Handelsabkommen wie Ceta oder TTIP an das Pariser Klimaabkommen koppeln. Er fordert: Wer gegen die Klimaschutzziele verstößt, muss mit Sanktionen rechnen

Von Ulrich Schulte

Als in den vergangenen Jahren Hunderttausende gegen Handelsabkommen wie Ceta und TTIP protestierten, waren die Grünen an vorderster Front dabei. Die Ökopartei plädierte für einen Stopp der Abkommen. Diese müssten nach sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Kriterien neu verhandelt werden, hieß es etwas wolkig im Bundestagswahlprogramm 2017.

Die Bundestagsfraktion der Grünen hat diese Forderung jetzt aufgegriffen und konkretisiert. Fraktionschef Anton Hofreiter will internationale Handelsabkommen mit den Pariser Klimaschutzzielen verknüpfen, um Staaten zum ökologischeren Handeln zu zwingen. „Die EU darf künftig kein einziges Handelsabkommen mehr abschließen, in dem das Pariser Klimaabkommen und die Einhaltung der Klimaschutzziele nicht als Kernbestandteil verankert sind“, sagte Hofreiter am Dienstag der taz. Die Forderung ist auch ein Beitrag zum Programmprozess in der Partei: Die Grünen arbeiten im Moment an einem neuen Grundsatzprogramm, das bis 2020 fertig sein soll.

Rosinenpickerei unmöglich

Hofreiter wirbt für Sanktionen gegen Staaten, die sich von den Klimazielen verabschieden: „Sobald eines der Vertragsländer aus dem Pariser Klimaabkommen austräte, wäre auch das jeweilige Handelsabkommen hinfällig“, sagte er. Wer gegen das Klimaabkommen verstoße, müsse mit Sanktionen rechnen. „Damit wäre klar: Politisches Handeln gegen den Klimaschutz hat unmittelbare wirtschaftliche Konsequenzen.“

Würde Hofreiters Vorstoß Wirklichkeit, wäre dies eine relevante Veränderung. Während Staaten die ökonomischen Vorteile von Handelsabkommen schätzen, fallen ökologische Kriterien oft unter den Tisch. Hofreiters Idee würde wachstumsfixierte Rosinenpickerei unmöglich machen. Die Hoffnung auf eine prosperierende Wirtschaft durch weniger Handelshemmnisse wäre nur noch mit konsequentem Klimaschutz zu haben. Eine Umsetzung ist angesichts der Situation in der EU aber sehr unwahrscheinlich.

Dass der Welthandel wenig Rücksicht auf Klimaschutz nimmt, kritisieren Umweltverbände seit Langem. Der Umweltverband BUND hat seinerzeit gegen Ceta, das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, mobilisiert. Das Handelsabkommen und das Pariser Klimaschutzabkommen verfolgten entgegengesetzte Ziele, argumentierte der Verband. „Während das Klimaschutzabkommen darauf abzielt, fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas in der Erde zu belassen, wollen Handelsabkommen wie Ceta und TTIP ausdrücklich den Handel mit fossilen Energieträgern fördern.“

Hofreiters Vorschlag ist geeignet, bei den Grünen eine Brücke zwischen Freihandelskritikern und -befürwortern zu schlagen. Manche in der Partei hatten nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten das strikte Nein zu Ceta in Frage gestellt. „Ein fairer Freihandel ist in Zeiten eines stärker werdenden Protektionismus, vor allem in den Vereinigten Staaten, wichtiger denn je“, hatte der damalige Parteichef Cem Özdemir im Februar 2017 der FAS gesagt. Ein nachverhandeltes Ceta sei ein „starkes Signal“ für freien und fairen Handel.

Teile von Ceta sind 2017 in Kraft getreten. Die komplette Umsetzung hängt in der Luft, weil viele EU-Staaten das Abkommen nach Bürgerprotesten noch nicht ratifiziert haben. Auch ein Beschluss des Bundesrates steht noch aus. Die Grünen regieren in neun Bundesländern mit, dadurch können sie Ceta im Fall einer Abstimmung stoppen.