: Auf der Höhe der Zeit
Hausratversicherungen sichern die Wohnungseinrichtung gegen Schäden durch Leitungswasser, Feuer, Sturm , Einbruch und Raub ab. Neu abgeschlossene Policen sollten auch die Folgen von Wetterextremen beinhalten
Von Hannes Koch
Starkregen in Berlin: Die Kanalisation läuft über, das Wasser drückt durch die Leitungen hinauf bis ins erste Stockwerk des Wohngebäudes. Dort strömt es aus der Toilette und richtet hohen Schaden nicht nur im Badezimmer an. Die Mieterin hat zwar eine Hausratversicherung abgeschlossen, doch das Versicherungsunternehmen will nicht zahlen. Begründung: Es fehlt die Absicherung von Elementarschäden.
Der Fall liegt auf dem Tisch von Pascal Witzke. Er arbeitet bei Friedels Fairsicherungsbüro, einem Berliner Versicherungsmakler. Der Konflikt zwischen Mieterin und Unternehmen zeigt zweierlei: Eine Hausratversicherung kann sich als nützlich erweisen. Der Vertrag muss aber auf der Höhe der Zeit sein – also auch neue Risiken abdecken.
Die Hausratversicherung gehört zwar nicht zu den Policen, die Expert*innen als unbedingt nötig bezeichnen. Eine Privathaftpflicht und eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit sind aber wichtiger, weil sie hohe finanzielle Risiken abdecken, die Privathaushalte ruinieren können. Das ist bei Schäden an der Einrichtung der Wohnung oft nicht der Fall – etwa bei jungen Leuten, die nur ein paar Kisten, Regale, ein selbstgezimmertes Bett und einen Laptop besitzen. Andererseits nimmt der Wert der Einrichtung meist mit dem Lebensalter zu. Dann macht es durchaus einen Unterschied, wenn die Versicherung beispielsweise 50.000 Euro auszahlt, um einen großen Wasserschaden zu regulieren.
Auf dem Land billiger
„Grundsätzlich decken Hausratversicherungen Schäden ab, die durch Leitungswasser, Feuer, Sturm, Einbruchdiebstahl und Raubüberfälle in Privatwohnungen entstehen“, erklärt Witzke. Inbegriffen sind in der Regel auch Keller und Räume außerhalb der eigenen Wohnung.
Durchschnittliche Prämien für eine 100-Quadratmeter-Wohnung lägen dafür in Berlin beispielsweise zwischen 170 und 230 Euro pro Jahr, so Witzke. Im Umland der Hauptstadt und in anderen Bundesländern sind die Kosten teils viel niedriger. Die Häufigkeit von Diebstählen in großen Städten und geringere Anzahl von Wasserschäden in Einfamilienhäusern auf dem Lande gehören zu den Ursachen der unterschiedlichen Prämienhöhe.
„Um zu kalkulieren, welchen Einrichtungswert die Police versichern sollte, kann man sich eines groben Richtwertes von 650 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche bedienen“, erklärt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur beim Online-Verbraucherratgeber Finanztip. Die angemessene Deckungssumme läge dann bei 65.000 Euro für eine Wohnung von 100 Quadratmetern. Diese Summe zahlt die Versicherung im Schadensfall aus. Wer weniger als rund 200 Euro jährlich für die Hausratversicherung zahlen will, kann einen niedrigeren Wert der Einrichtung angeben. Dieser sollte aber auch stimmen. Denn zumindest bei höheren Schäden schicken die Versicherungsunternehmen Gutachter*innen, die den Fall vor Ort genauer betrachten. „Stellen diese Expert*innen fest, dass die jeweilige Wohnung unterversichert war, zahlen die Firmen oft nur einen Teilbetrag der Schadenssumme aus“, so Tenhagen.
In Zeiten zunehmender Wetterextreme bietet es sich zusätzlich an, die Hausratversicherung durch eine sogenannte Absicherung gegen Elementarschäden, auch Naturgefahrenversicherung genannt, zu ergänzen. Denn die klassischen Policen decken beispielsweise die Folgen von Starkregen nicht ab. Wenn dann die Gullis an der Straße überlaufen und Wasser von außen in eine Erdgeschosswohnung eindringt, bleiben Mieter*innen und Eigentümer auf den Kosten sitzen.
Auch Fahrräder können einen Spezialfall darstellen. Zwar springen mittlerweile viele Hausratversicherungen ein, wenn ein 1.000-Euro-Rad aus dem Hinterhof geklaut wurde, wo es angeschlossen war.
Die Zeitschrift Finanztest hat Hausratversicherungen zuletzt im März 2018 einem Test unterzogen (4/2018).
Dabei wurden 144 Tarife von 60 Anbietern unter die Lupe genommen. Die Preisspanne für den Grundschutz des Hausrats derselben Wohnung erwies sich als erheblich – sie lag für die Modellstadt München zwischen 56 und 277 Euro pro Jahr. Im teuersten Fall kostet sie einen hier also fünfmal so viel wie im billigsten.
Wer sogenannte Elementarschäden, die zum Beispiel Schutz vor Starkregen und Überschwemmungen bieten, mitversichern will, zahlt noch mehr. Hierbei sollte man nicht nur auf den Tarif achten, sondern auch auf die Höhe einer möglichen Selbstbeteiligung.
Andere Policen beinhalten dieses Risiko dagegen nicht. Dann muss man den Baustein dazubuchen, was die Prämie verteuert.
Schließlich empfiehlt Finanztip, den Versicherungsvertrag so zu gestalten, dass die eigene grobe Fahrlässigkeit abgedeckt ist. Beispiel: Man vergisst Silvester die brennenden Kerzen auf dem Tisch, betrachtet vom Wohnzimmerbalkon das Feuerwerk am Himmel, und die Küche brennt ab.
Erweiterer Brandbegriff
Außerdem sollte man den „Brandbegriff erweitern“: Dann springt die Versicherung ein, wenn das Huhn auf dem Herd statt anderthalb fünf Stunden gart und Ruß schließlich die Kücheneinrichtung überzieht. „Ruß-, Seng- und Schmor-Schäden“ heißt so etwas in der Fachsprache. Auch diese sollten in den Klauseln der Hausratversicherung enthalten sein.
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