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Bundesregierung steht hinter UN-Migrationspakt

Jens Spahn fordert eine erneute Debatte über die Vereinbarung auf dem Parteitag – und bekommt auch aus der eigenen Fraktion Gegenwind

Von Anja Maier und Dinah Riese

Die Bundesregierung verteidigt den UN-Migrationspakt gegen wachsende Kritik. Die weltweite Herausforderung der Migration könne nur global und multilateral angegangen werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Nationale Alleingänge führten in Sackgassen.

Hintergrund ist eine Debatte innerhalb der Union über den „Globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“ der Vereinten Nationen. Jens Spahn – einer der drei aussichtsreichen KandidatInnen für den CDU-Parteivorsitz – hatte vorgeschlagen, über eine deutsche Zustimmung auf dem Parteitag im Dezember zu diskutieren.

„Alle Fragen der Bürger gehören auf den Tisch“, hatte Spahn erklärt: „Wir müssen offen diskutieren und dann gemeinsam entscheiden. Notfalls unterzeichnen wir eben später.“ Die Zurückweisungen aus der Union folgten prompt. Fraktionsvize Stephan Harbarth erklärte: „Es gibt keine Veranlassung, etwas an dem vorgesehenen Zeitplan für den UN-Migrationspakt zu ändern.“ Und der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sprach von einer „Führungsschwäche, die sich Deutschland nicht erlauben darf.“

Dabei schien die Union ihre Mitglieder nach einigen Querschüssen eigentlich im Griff zu haben. Einige Abgeordnete hatten Anfang November erklärt, den Pakt nicht mittragen zu wollen. Schon damals hatte Spahn eine genaue Prüfung gefordert. Doch zumindest nach außen trat die Fraktion aus CDU und CSU nach einer Diskussion geschlossen auf: „Wir sind der Auffassung, dass die Vorteile dieses Pakts die Nachteile weit überwiegen“, hatte Harbarth erklärt, er liege im „nationalen Interesse“ Deutschlands.

Die Union bekräftigte diese Haltung, als der Bundestag auf Antrag der AfD über den Pakt diskutierte. „Klammheimlich“ wollten die „Eliten“ mit dem Dokument „unseren Nationalstaat zu einem Siedlungsgebiet machen“, hatte der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland vorgelegt. Von ausnahmslos allen Parteien bekam er heftigen Widerspruch.

Ziel müsse es sein, die internationalen Standards zum Umgang mit Migrant*innen an das deutsche Niveau anzugleichen, um so Deutschland als Zielland zu entlasten, hatte Harbarth entgegnet. Wer sich gegen den Pakt ausspreche, der habe entweder keine Ahnung von internationalen Zusammenhängen – „oder aber, er sagt: Parteipolitisch fahre ich mit der Angstmache vor der Migration gar nicht so schlecht“. Wenn jemand glaube, Deutschland könne bei einem globalen Pakt den anderen Staaten „jedes Komma und jedes Wort“ erklären, dann sei das „Ausdruck von nationalem Größenwahn“.

Gemeinsam mit der SPD will die Unionsfraktion voraussichtlich in der kommenden Woche einen eigenen, zustimmenden Antrag zum Migrationspakt einbringen. Diese Entscheidung werde von „einem ganz überwiegenden Teil“ der Fraktion mitgetragen, heißt es aus Fraktionskreisen.

Formal notwendig ist das nicht. Da der Migrationspakt kein internationaler Vertrag ist, sondern lediglich ein rechtlich nicht bindender „Kooperationsrahmen“, muss er weder unterzeichnet noch ratifiziert werden. Insofern sind auch Forderungen, Deutschland möge nicht oder später unterzeichnen, irreführend. Tatsächlich werden die Vertreter*innen der Staaten bei der UN-Konferenz Anfang Dezember in Marokko ihre Unterstützung für das Dokument im Rahmen einer Ple­nar­debatte bestätigen. Die USA, Ungarn und Österreich wollen den Pakt nicht annehmen.

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