piwik no script img

Ein klassischer Erzähler

Das Metropolis-Kino in Hamburg widmet dem kürzlich verstorbenen Filmemacher Ottokar Runze eine kleine Filmreihe

Von Wilfried Hippen

Am 22. September dieses Jahres starb der Regisseur, Produzent und Schauspieler Ottokar Runze im Alter von 93 Jahren. Er gehörte nicht zu denen, deren Namen einem gleich in den Sinn kommen, wenn es um den deutschen Film geht. Runze war eher ein solider Handwerker, dessen klassischer Stil des Erzählens in seiner besten Zeit, den 1970er-Jahren, konventionell wirkte.

Schon seit den 1950er-Jahren hatte er sich mit Synchronisationen einen Namen gemacht und seine Stimme Stars wie Cary Grant, Tony Curtis und Alain Delon geliehen. In den 1960er-Jahren gründete er dann Produktionsfirmen in Hamburg und Berlin und Anfang der 1970er-Jahre inszenierte er, als Kontrapunkt zum „Neuen Deutschen Film“, ein paar bemerkenswerte Kinofilme, die in Hamburg und Schleswig Holstein gedreht wurden und von denen drei im Dezember im Metropolis-Kino gezeigt werden.

Für sein Regie-Debüt „Viola und Sebastian“ (1. + 3. 12., 17 Uhr) verpflanzte Runze 1972 die Shakespeare-Komödie „Was ihr wollt“ in das Norddeutschland der (inzwischen auch schon wieder historischen) Gegenwart. Bei ihm sind Shakespeares Zwillinge Trinker und Zocker. Die Kritik war streng, doch der „Kamera-Pop“ (Der Spiegel) und die „schmalzige Schlagermusik“ (Filmdienst) dürften den Unterhaltungswert des Films inzwischen gesteigert haben.

Runzes bekannter Film ist „Der Lord von Barmbeck“ (5. + 6. 12., 17 Uhr), bei dem er 1974 nicht nur Regie führte, sondern auch am Drehbuch mitarbeitete. Der Film basiert auf den Lebenserinnerungen des Hamburger Einbrechers Julius Adolf Petersen, der in den frühen 1920er-Jahren als eine Art von Gentleman-Gangster zum Volkshelden wurde, weil er nur Reiche ausraubte und dabei keine Gewalt anwendete. Martin Lüttge war in der Titelrolle irritierend sympathisch. In Erinnerung bleibt der Film aber vor allem als ein detailliert und sorgfältig ausgestattetes Zeitbild.

Ebenfalls 1974 ging Runze mit einem Filmteam in die Hamburger Haftanstalt Fuhlsbüttel, um dort mit Insassen in einem Rollenspiel einen Strafprozess nachzustellen. In „Im Namen des Volkes“ (7. + 11. 12., 17 Uhr) sitzen zu lebenslänglich Verurteilte als Richter und Anwälte über Zellennachbarn zu Gericht, die im Gefängnis einen Mord begangen haben. Für die Dokumentation bekam Runze auf der Berlinale den Silbernen Bären.

Danach produzierte und inszenierte Runze Spielfilme wie „Der Schnüffler“ mit Dieter Hallervorden oder „Die Hallo-Sisters“ mit Harald Juhnke und Ilse Werner sowie Dokumentationen wie „Bert Kaempfert: Melodien, die man nie vergisst“ und „Hamburg – Bilder aus einer großen Stadt“. Doch seine letzte Regiearbeit war dann noch einmal erstaunlich ambitioniert: 1999 adaptierte er Klaus Manns Exilroman „Der Vulkan“ mit Nina Hoss in einer der Hauptrollen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen