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Bolsonaro ernennt Minister in BrasilienFest in rechtspopulistischer Hand

Der eine verherrlicht den Militärputsch in Brasilien, der andere befürchtet „die Trennung von Gott und Mensch“. Beide bekleiden nun ein wichtiges Amt.

Zwischen Soldaten fühlt er sich wohl: Jair Bolsonaro (M.) Foto: reuters

Rio de Janeiro taz | Schlechte Aussichten für Brasiliens Bildungssystem: Der designierte Bildungsminister Ricardo Vélez Rodríguez hält den Militärputsch von 1964 für eine „begrüßenswerte Revolution“. Die Wahrheitskommission zur Aufarbeitung der Diktaturverbrechen sei eine „absurde Unterdrückung der Wahrheit“, schrieb der ehemalige Professor einer Militäruniversität einst in einem Blogbeitrag. Er werde „Brasiliens Bildungssystem gegen die ideologische Instrumentalisierung durch einen inhaltsleeren Sozialismus“ verteidigen, sagte Vélez Rodríguez am Freitag.

Die parteiübergreifende Gruppe der Evangelikalen war voll des Lobes für Jair Bolsonaro. Mittlerweile hat er schon zwölf Ministerposten vergeben, drei davon an Generäle. Es wird deutlich, dass das künftige Kabinett fest in rechtspopulistischer Hand und dominiert von erzkonservativen Werten sein wird.

So auch im Außenministerium: Ernesto Araújo, der künftige Chefdiplomat Brasiliens, ist ein erklärter Anhänger von US-Präsident Donald Trump. Der 51-jährige Karrierediplomat will die regionale Integration der vergangenen 20 Jahre rückgängig machen. Er werde Brasilien und die Welt von der „Ideologie der Globalisierung“ befreien, schreibt er in seinem Blog und begründete dies mit dem christlichen Glauben: „Letztes Ziel der Globalisierung ist die Trennung von Gott und Mensch.“ Die Arbeiterpartei PT bezeichnete Araújo mehrfach als terroristisch, China ist für ihn eine gefährliche maoistische Großmacht.

Nicht nur die Linke, die seit dem Sieg Bolsonaros in der Stichwahl Ende Oktober in einer Art Schockstarre verharrt, auch die politische Mitte fragt sich, was aus Brasilien wird, wenn ein solcher Mann das Land nach außen vertritt.

In der Wirtschaftspolitik steht die nationalistische Ausrichtung konservativer Minister und des einflussreichen Militärs im Widerspruch zum Neoliberalismus des designierte Finanz- und Handelsministers Paulo Guedes. Vor allem die von Guedes propagierte komplette Privatisierung von Staatsbetrieben, darunter der Erdölriese Petrobras und zwei wichtige staatliche Banken, missfällt den Uniformierten.

Alle aus der Süden, keiner Schwarzer, eine Frau

Bolsonaros bisherige Ministerriege stammt ausnahmslos aus der reicheren Südhälfte des Landes, keiner der Auserwählten ist schwarz, und nur eine Frau ist dabei: die zukünftige Agrarministerin Tereza Cristina, eine Lobbyistin der Großgrundbesitzer, die sich für den Einsatz von noch mehr Pestiziden in der Landwirtschaft stark machen will. Bolsonaros rechte Hand, der zukünftige Staatsminister Onyx Lorenzoni, geißelte kürzlich Norwegens finanzielles Engagement zum Erhalt des Amazonas-Urwalds mit der Begründung, die Skandinavier hätten doch versäumt, ihre eigenen Wälder rechtzeitig zu schützen.

In der Gesundheitspolitik hat Bolsonaro bereits Pflöcke eingeschlagen. Die 8.300 kubanischen Ärzte, die die medizinische Versorgung in vielen ärmeren Regionen Brasiliens sichern, wurden von Havanna zurückgerufen, nachdem Bolsonaro ihnen neue Beschränkungen auferlegen wollte.

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13 Kommentare

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  • Es wäre anzuraten, das die deutsche Presse aufhört von anderen abzuschreiben und anfängt zu recherchieren. Dann wäre sie in der Lage die Vorgänge in Brasilien objektiv zu betrachten, denn das "warum" wird nie beantwortet. Ich, als Deutscher, der seid 20 Jahren in Brasilien lebt, bin mit der Minister Auswahl sehr zufrieden, den es ist das erste Mal, das die Posten an Fachleute vergeben werden und nicht an Parteifreunde. Lasst sie doch erst Mal machen, dann werden wir sehen ob die Auswahl ok war.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Bodo Santos:

      Klar für die weisse Ober-und Mittelschicht ist das eine hervorragende Wahl. Und finden Sie nicht auch, dass ganz Brasilen wie Santa Catarina sein sollte, wo alles so schön fest in deutscher Hand ist?



      Ach wie schön ist Blumenau!

  • Schlechte Aussichten für Brasiliens Bildungssystem? Welches Bildungssystem? Das System dass die brasilianischen Schüler zu den schlechtesten der Welt abgestuft hat, weil Bildung für des ehemalige Regime (PT) nicht wichtig war und die Douktrine a là Venezuela stattfand? Ich denke man sollte als Presse eine gewisse Neutralität bewahren. Ich bin wahrlich kein Bolsonaro Fan, aber man sollte aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und das Korruptionspaket PT sprengen.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Cristian:

      Die evangelistischen Hohepriester, die jetzt, den Ton angeben, werden den kleinen Brasilianern jetzt die Wahrheit beibringen, dass die Erde nämlich flach ist und der erste Mensch nicht Lucy, sondern Adam hiess und dass 1+1=4 ist.



      Nur die Wahrheit ist natürlich eine andere in Lateinamerika, was die Bildung anbetrifft: Von Kuba lernen, heisst siegen lernen.



      Und unter uns, mir ist Castro lieber als die Mörderbande, die jahrzehntelang in Argentinien, Brasilien, Chile, Uruguuay und Paraguya an der Macht war.



      Hasta la victoria siempre compañero!

      • @82236 (Profil gelöscht):

        Herr Engelhardt ich als Mittelinks gerichteter muss mich doch etwas wundern über solche unqualifizierte Aussagen. Hauptsache was geschrieben, nicht wahr?



        Und vor allem in jeden Kommentar der nicht Ihrer Meinung entspricht. Wären Sie zumindest sachlich und offen für Andersdenkende....



        Das traurige ist dass Sie anschließend mit dem Wort faschist um sich spuckt.

        • 8G
          82236 (Profil gelöscht)
          @Cristian:

          Es ist erwiesen, dass in den Jahren der von Bolsonaro so gelobten Militärdiktatur Oppositionelle verschwunden sind, gefoltert und ermordet wurden. Ferner hatte diese Diktatur eine rassistische Sichtweise,viele Sympatien für Nazideutschland und bewusst ignoriert, dass der SS-Arzt Mengele ein ungestörtes Dasein in Brasilien



          hatte. Wer also solche Regime in den höchsten Tönen lobt, ist geistiger Komplize. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

          • @82236 (Profil gelöscht):

            Das ist gut. Mehr geistige Ergüsse solcher Art sind wirklich nicht nötig. Vor allem von jemandem der viva Castro schreit. Ein Mann dessen Leute alle aus dem Land flüchten wollen, sowie auch aus Venezuela. Wenn es dort so schön ist warum will jeder weg? Ein Mann der homosexuelle umbringen lässt, so wie auch sein Kumpane Che Guevara.

            • 8G
              82236 (Profil gelöscht)
              @Cristian:

              Steht irgendwo, dass ich viva Castro schreie? Und die Anschuldigungen gegen den Che bedürfen ja wohl Beweise. Aber warum leugnen Sie so hartnäckig die Verbrechen der Brasilianischen Militärdiktatur? Meinen Sie auch, dass das alles nur subversive Kommunisten waren, die da gefoltert und umgebracht wurden und es denen nur Recht geschah? Stattdessen treten Sie den Ball ins Aus und schreien Venezuela, Kuba, Nicaragua! Wie alle südamerikanischen Rechtsradikalen, von denen ich leider zu viele kenne.



              Im Norden von Brasilien sieht es auch nicht rosig aus, jedenfalls machen viele zu uns nach Frankreich rüber ( Guyana, Cayenne)

  • Die, die Korruption betrieben sie aber der PT angehängt haben, sind jetzt an der Macht.



    O Globo hat als seit Jahrzehnten bestehendes, rechtskonservatives Medienunternehmen, maßgeblich zu diesen Verhältnissen beigetragen.



    Ich kann nur sagen: Schade um Brasilien!

    • @Jakob Cohen:

      Herr Cohen, sie haben wohl noch nie etwas über den Sender Globo gehört oder recherchiert. Globo ist ein extrem links gerichteter Sender weil dieser von der "lei Rouanet" Milliarden einheimst.



      Dies wird sich aber bald ändern.

  • Man sollte vielleicht das Kind beim Namen nenne: Faschismus.

  • Ohne Kommentar. Die Kommentare kommen allerdings jetzt alle zu spät. Monatelang hat man die Linke PT verteufelt und damit eine teuflische Rechte ermöglicht. Wir danken den internationalen und nationalen Presseleuten für ihre nachträgliche Aufmerksamkeit auf Dinge , die man hätte schon vor einem halben Jahr benennen können. Wenn man gewollt hätte.

  • Ohne Kommentar: die MinisterInnenriege spricht für sich!