heute in bremen: „Glitzer und ein Rasierapparat“
Interview Gareth Joswig
taz: Frau Dambuk, wie sieht ein feministisches Beauty-Kit aus?
Julia Dambuk: Schminken und Feminismus war früher eine problematische Sache, ist es aber inzwischen überhaupt nicht mehr. Ich habe mich zeichnerisch mit dem Thema beschäftigt, weil ich denke, dass jeder seine Haltung zum Feminismus selbst definieren sollte.
Und was gehört rein ins feministische Beauty-Case?
Gerne auch Glitzer und ein Rasierapparat. Eigentlich ist es ein ganz normales Beauty-Kit. Jede darf selbst bestimmen, was dort hineingehört. Ich finde es schwierig, wenn es dogmatisch heißt, dass man sich nicht Schminken dürfe, weil man damit einem männlichen geprägten Schönheitsideal entspricht. Selbstbestimmung ist wichtig und feministisch ist für mich, Dogmen aufzuweichen.
Heute präsentieren Sie in der Comicgalerie Projektraum 404 auch Ihre Arbeiten zum philosophischen Eskapismus. Was ist das?
Julia Dambuk,34, ist Illustratorin und hat an der Bremer Hochschule für Künste integriertes Design studiert.
Ich habe mich während meines Studiums mit philosophischen Schriften beschäftigt und viel Sartre gelesen. Als ich in den Texten drin war, war mein Gefühl, dass sie erst mal wenig mit der Lebenswelt zu tun hatten, aber trotzdem wichtig sind. Eskapismus ist Flucht im positiven wie im negativen Sinne – für mich war philosophisches Denken ein Stück weit Realitätsflucht. In den Zeichnungen will ich philosophische Gedankengänge greifbar machen.
Was kann Comic als Kunstform?
Ich mag gerne das Narrative an Comics, dass man Gedankengänge und Geschichten kommunizieren kann. Es gibt immer ein Vorher, ein Nachher und ein Zwischendrin. Durch Abstraktion und Weglassen wird das, was bleibt, hervorgehoben. Dadurch kann die Botschaft noch stärker wirken.
Sie zeichnen viel digital. Wie geht das rein technisch und welche Vorteile bietet es?
Bremer „Zine Day“ mit Julia Dambuk, Projektraum 404, Nicolaistraße 34/36, ab 19 Uhr. Am Samstag ist zudem von 14 bis 17 Uhr Finissage der aktuellen Ausstellung „Adverse“ von Judith Mall
Mit dem Stift auf dem Tablet. Früher habe ich normal gezeichnet, aber irgendwann habe ich meine Bilder eingescannt und digital coloriert. Später bin ich dann auf den Tablet-Zug aufgesprungen: Das bietet viele neue Möglichkeiten und ist schneller.
Ist es auch ein Nachteil, dass man sich nicht mehr an Material abarbeitet?
Es kann befruchten, aber auch einschränken. Zum Skizzieren nehme ich auch immer noch meinen Bleistift und mein Skizzenbuch und das direkte Zeichnen will ich auch nicht missen.
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